Berlin. Im Süden Berlins verfällt die früher knallrote Raststätte Dreilinden. Erfahren Sie hier die wichtigsten Infos zu dem Lost Place.
Zugewuchert, abgesperrt und marode: Einst sollte die bonbonfarbene Raststätte Dreilinden ein demonstratives Gegenstück zur fahlgrauen DDR-Architektur setzen. Doch zu einer Erfolgsgeschichte wurde die markante Pop-Art-Raststätte am Checkpoint Bravo nie. Seit Jahrzehnten steht das Gebäude leer und verfällt – auch wenn es immer wieder Pläne gab, den traditionsreichen Standort neu zu beleben. Die wichtigsten Infos zu dem Lost Place.
Das sind die Fakten zur ehemaligen Raststätte Dreilinden:
- Adresse: A115, 14109 Berlin-Nikolassee
- Geschichte: 1973 als Raststätte Dreilinden eröffnet; wenige Monate später wird das Restaurant geschlossen; Ende der 1970er-Jahre wird noch einmal ein Imbiss im Erdgeschoss eingerichtet; nach der Grenzöffnung wird Dreilinden kurzzeitig von Mitarbeitern des Zollamtes genutzt und dann endgültig zum Lost Place; 2023 wurde die Immobilie von einer Berliner Autohaus-Kette erworben, die eine Sanierung und Wiedereröffnung plant
- Führungen: Keine
- Denkmalschutz: Objekt-Nr. 09075573
- Status: Lost Place
Wo liegt die ehemalige Raststätte Dreilinden genau?
Die ehemalige Raststätte Dreilinden liegt an der A115 am früheren Grenzkontrollpunkt "Checkpoint Bravo" südlich des Autobahnkreuzes Zehlendorf, an der die Bundesautobahn 115 die Bundesstraße 1 kreuzt, die hier den Namen Potsdamer Chaussee führt. Die Google-Koordinaten (Open-Location-Code) für das Objekt lauten C59W+72 Berlin.
Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Areal am besten mit der Buslinie 118 und 620 (Haltestelle Isoldestraße) zu erreichen. Von der Haltestelle ist es ein etwa neunminütiger Fußweg bis zu der ehemaligen Raststätte. Das Gebäude ist durch einen Bauzaun mit Stacheldraht gesichert. Das Betreten des Grundstückes oder des Gebäudes ist nicht erlaubt. Auch interessant: Lost Places: Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch
Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte der ehemaligen Raststätte Dreilinden:
Ausgangslage: Verlegung des Grenzkontrollpunkts Dreilinden
Ende der 1960er-Jahre entschied die DDR, den unübersichtlichen Grenzpunkt Dreilinden zu verlegen. Der seit den 1950er-Jahren als Kontrollpunkt dienende Übergang an der Teltowkonalbrücke samt zugehörigen Autobahnstück zwischen Avus und Berliner Ring wurde kurzerhand dichtgemacht, die Autobahn verlegt und ein neuer Grenzkontrollpunkt an der heutigen A115 eröffnet. Der Vorteil: Von den Zweckbauten der DDR-Grenzanlage hatten die NVA-Posten freies Schussfeld, und außerdem wurde der verwinkelte Transitverkehr am Westberliner Zipfel bei Albrechts Teerofen entzerrt.
Der amerikanische Teil des Kontrollpunktes Dreilinden war der Checkpoint Bravo. Er bestand im Wesentlichen aus einem Brückenbauwerk, dem eigentlichen Alliierten Kontrollgebäude, den Verplombungsrampen für den Lkw-Transitverkehr und einigen Nutzbauten, die Anfang der 1970er-Jahre südlich des "Kleeblatt"-Autobahnkreuzes entstehen sollten – darunter zwei Tankstellen und die Raststätte Dreilinden.
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Ehemalige Raststätte Dreilinden: Bunte Pop-Bauten gegen grauen DDR-Alltag
Ein architektonisches Ausrufezeichen – nicht weniger sollte die Raststätte Dreilinden werden. Bis 1970 passierten knapp sechs Millionen Personen und rund zweieinhalb Millionen Kraftfahrzeuge Dreilinden. Da bot sich ein markantes Aushängeschild an. Jeder, der über den Checkpoint Bravo in die Stadt fuhr, sollte sehen, wie leicht und lebensbejahend der Westen an seinem Grenzpunkt die Reisenden abfertigte – und damit einen sichtbaren Kontrapunkt zu den fahlen, grauen Zweckbauten der DDR-Grenzanlage setzen.
Den Auftrag für die Raststätte erhielt Rainer G. Rümmler (1929–2004). Der Leipziger Architekt war für die Anforderungen genau der richtige Mann. Der gebürtige Leipziger und leitende Baudirektor der Stadt hatte sich bereits mit bonbonfarbener Pop-Architektur einen Namen gemacht. Auf ihn gingen unter anderem die Entwürfe für den U-Bahnhof Fehrbelliner Platz zurück. Der erste Spatenstich für die Raststätte an der heutigen A115 erfolgte 1969. Im Frühjahr 1973 wird die Raststätte Dreilinden am Kontrollcheckpoint Bravo für den Transit nach Bayern oder Niedersachsen eröffnet.
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Ehemalige Raststätte Dreilinden: So war das Gasthaus aufgebaut
Bekannt bei Generationen von Autofahrern ist der heutzutage reichlich verblasste, ehemals knallrote viergeschossige Kopfbau der Raststätte mit meerblauen Fensterrahmen und sonnengelben Markisen, an dessen Front der markante Schriftzug "Dreilinden" prangt und Grenzgänger zum Verweilen einlud. In den Galerien des Turms konnten Gäste dinieren und sich über den Anblick des Staus am Grenzkontrollpunkt erfreuen. So jedenfalls der Plan.
Im Erdgeschoss gab es eine "Automatenstraße" für die Versorgung mit Reiseproviant – damals hochmodern. Beliebt war auch das "stumme Postamt" parterre: Besucher fanden hier einen Briefmarkenautomaten, einen Münzwechsler, Briefkästen und mehrere Telefonzellen vor. Wickelräume und Toiletten zeugen noch von der 70er-Jahre Ästhetik des Gebäudes. Im ersten Stock lagen Übernachtungszimmer für Fernfahrer. Bekrönt wurde das Pop-Art-Gebäude von einem blau gestrichenem Turmaufsatz, auf dessen Spitze sich ein gelbes "R" für Ratsstätte drehte und Kundschaft anlocken sollte.
Weniger bekannt: Das Bauwerk setzte sich im hinteren Bereich fort. Dort befand sich ein rechtwinkliger, etwas niedrigerer Gebäudetrakt, der unter anderem die Küche, die Gebäude- und Versorgungstechnik beherbergte. Mit dem brückenartigen Bauteil bis zur Geländeböschung sollte auch eine Anbindung zum oberen Parkplatz erreicht werden. Südlich der Raststätte grenzten weitere Parkmöglichkeiten an.
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Ehemalige Raststätte Dreilinden: Dem Pächter ging das Geld aus
Das Restaurant hatte rund um die Uhr geöffnet. Zu jeder Tages- und Nachtzeit sollte mindestens eine warme Mahlzeit für die Gäste bereitstehen. Außer auf die Transitfahrer hoffte der Pächter auch auf Berliner Ausflügler, die den Weg über die Avus zu ihm finden sollten. Doch eine richtige Erfolgsgeschichte wurde die markante Raststätte an der A115 nie.
Das hatte vor allem einen Grund: Als die Raststätte Dreilinden ursprünglich geplant worden war, wartete man noch quälend lange an der Westberliner Stadtgrenze. Doch das hatte sehr bald ein Ende. Mit dem 1971 vereinbarten Viermächteabkommen der Alliierten und dem Transitabkommen verkürzten sich die Wartezeit am Checkpoint dramatisch – die Folge: Die Gäste blieben aus. Bereits ein Jahr nach der Eröffnung der Gaststätte ging der Pächter pleite und die Raststätte musste geschlossen werden. Zwar blieb Dreilinden ein bekannter Wegepunkt am Kontrollpunkt und erfüllte damit seine symbolhafte Funktion im Wettstreit der Systeme – doch wirtschaftlich gesehen war der erdbeerrote Turm von Anfang an ein Fiasko.
In den 1970er-Jahren belebte man noch einmal das Erdgeschoss der Raststätte. Ein Imbiss wurde hier eingerichtet, der sich als einigermaßen beliebt bei den Fernfahrern erwies. Doch weitergehende Pläne für das Gebäude zerschlugen sich regelmäßig.
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Ehemalige Raststätte Dreilinden: Letzte Mieter zogen 2002 aus
Mit dem Fall der Berliner Mauer und der anschließenden Wiedervereinigung verlor der Ort vollends seine einstige Daseinsberechtigung. Nur das Zollamt nutzte noch einige Räumlichkeiten der ehemaligen Raststätte als Bürofläche. Im Jahr 2002 war auch damit Schluss: Der Zoll zog aus und der Imbiss im Erdgeschoss wurde nicht mehr weitergeführt. Seitdem dämmerte das Bauwerk Jahrzehntelang im Dornröschenschlaf vor sich hin.
Zerstörung, Vandalismus und Verfall haben im Inneren ihre Spuren hinterlassen: Fenster wurden zerschlagen, der Putz bröckelte von der Decke und Dreck sammelte sich am Boden. Auf der Terrasse begannen Pflanzen und Büsche wild zu wuchern, und an der Fassade der ehemaligen Raststätte verewigten sich immer mehr Graffiti-Künstler. Im Vorbeifahren konnte man dabei zusehen, wie die ehemals knallig bunten Farben des Pop-Art-Gebäudes mit den Jahren verblassten und das Areal immer mehr verwilderte. Der Leerstand war dem einstigen Aushängeschild Westberlins zuletzt deutlich anzusehen.
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Ehemalige Raststätte Dreilinden: Alle Pläne für den Lost Place scheiterten
2009 erwarb der Investor Thomas Drechsel, Chef von "Wurstmaxe", das Gebäude. Eine Disco, ein American Diner und einem Billighotel sollten hier entstehen. Aus den Plänen wurde jedoch aus Mangel an Geldgebern nichts und die frühere Raststätte wechselte Anfang der 2010er-Jahre erneut den Besitzer. Dieses Mal war es der Unternehmer Werner Scharwächter, Chef einer Berliner Baumaschinen-Firma, der die Autobahnraststätte im Juni 2012 für 535.000 Euro ersteigerte.
Scharwächter hatte verschiedene, teils unkonventionelle Pläne für das insgesamt rund 5000 Quadratmeter große Grundstück und die Raststätte Dreilinden. Zuerst wollte er es zu einem Lagerplatz für Baumaschinen machen, dann zu einem Ausstellungsort für chinesische Natursteine. Als die Pläne an Einwänden des Bezirks scheiterten, gab Scharwächter nicht auf. Ihm schwebte jetzt der Umbau zu einem Vergnügungspark, eine Bootsausstellung, ein Hotel und ein Oldtimertreffpunkt mit Werkstätten, Büros und Restaurant vor. Für das letzte Projekt erhielt der Investor sogar grünes Licht – doch passiert ist am Standort nichts.
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Ehemalige Raststätte Dreilinden: Und wie sieht die Zukunft aus?
Nach langem Stillstand ist die Raststätte Dreilinden an der Avus 2023 erneut verkauft worden. Neuer Eigentümer ist das Unternehmen Autohaus König. Für die Entwicklung der maroden Immobilie hat das Familienunternehmen bereits konkrete Pläne vorgestellt. Die einstige Raststätte soll saniert und als Gastronomiebetrieb und Treffpunkt für Automobilbegeisterte neu belebt werden. Zudem sollen Büro-, Meeting- und Eventräume geschaffen werden.
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"Wir werden diesen Standort mit Vorsicht, dem gebührenden Respekt und unter den geltenden Denkmalschutzauflagen wiederherstellen. Die ursprüngliche Architektur soll vollständig erhalten und wiederbelebt werden", so der Geschäftsführer Dirk Steeger. Die Nachnutzung der historischen Raststätte Dreilinden dürfte für den neuen Besitzer hohe Investitionen mit sich bringen: Das Gebäude steht unter Denkmalschutz und muss nach jahrzehntelangem Leerstand grundsaniert werden.
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