Berlin. 1980 wurde der Bahnhof Düppel stillgelegt – und verfällt seitdem. Jetzt könnte er im Zuge neuer Planung ein Revival erleben.

Er lag an der ältesten Eisenbahnverbindung Preußens, der Stammbahn zwischen Potsdam und Berlin: der lange verlassene aber nie ganz vergessene Bahnhof Düppel. Einst schloss er Fahrgäste aus dem Süden – aus den wachsenden Siedlungen Kleinmachnow und Düppel – an den Fern- und Vorortverkehr an. Nach dem Krieg wurde er zum Endbahnhof mit Pendelzug und fristete nach dem Mauerbau vollends ein Schattendasein am Rande Westberlins. Seit 1980 fuhren die Station keine Züge mehr an und er verfiel zu einem Geisterbahnhof. Die wichtigsten Infos zu dem Lost Place.

Das sind die Fakten zum Geisterbahnhof Düppel im Überblick:

  • Adresse: Nördlich der Berlepschstraße, Ecke Benschallee, 14163 Berlin-Nikolassee
  • Geschichte: Im Juli 1939 an der Stammbahn Potsdam–Berlin eröffnet; im Juni 1948 auf S-Bahnbetrieb umgestellt; im September 1980 stillgelegt, seitdem teilweise abgetragen und verfallen
  • Führungen: Nein
  • Denkmalschutz: Nein
  • Status: Aktueller Lost Place

Wo liegt der Geisterbahnhof Düppel genau?

Der ehemalige Bahnhof Düppel liegt auf einem Areal nördlich der Berlepschstraße an der Ecke zur Benschallee im Ortsteil Nikolassee des Bezirks Steglitz-Zehlendorf unmittelbar an der Grenze zur Gemeinde Kleinmachnow im Südwesten und zum Berliner Ortsteil Zehlendorf im Südosten.

Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht man das Gelände am besten mit der Buslinie 115 (Haltestelle Neuruppiner Straße). Der ehemalige Bahnhof liegt direkt angrenzend zur Bushaltestelle auf der Grünfläche im Norden in Richtung zum Kleingartenverein Schlachtensee Süd. Die Google-Koordinaten (Open-Location-Code) für das Objekt lauten C6CG+JJ5 Berlin. Auch interessant: Lost Places: Diese Strafen drohen bei Hausfriedensbruch

Das sind die wichtigsten Etappen der Geschichte des Geisterbahnhofs Düppel:

Ausgangslage: Die erste Eisenbahnstrecke Preußens entsteht an der Spree

Ein zeitgenössisches Bild des Malers Adolph von Menzel zeigt die preußische Stammbahn (1847).
Ein zeitgenössisches Bild des Malers Adolph von Menzel zeigt die preußische Stammbahn (1847). © picture alliance / Heritage Images | Fine Art Images

Für Deutschland begann das Eisenbahnzeitalter am 7. Dezember 1835. An jenem Tag feierte man die Eröffnung der königlich privilegierten Ludwigs-Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. In Norddeutschland und Preußen hatte bislang die skeptische Haltung Friedrich Wilhelms III. jedes Eisenbahnprojekt verhindert. Doch mit dem Beweis der Wirtschaftlichkeit wurde auch in den preußischen Amtsstuben die Pläne für eine Modellstrecke wieder aus den Schubladen geholt.

Der Plan: Die preußische Residenzstadt Potsdam mit der rund 25 Kilometer westlich gelegenen wachsenden Metropole Berlin zu verbinden. Die Berlin-Potsdamer Eisenbahngesellschaft erwarb 1837 die "Bleiche" vor dem Potsdamer Tor und begann mit dem Bau des Potsdamer Bahnhofs in Berlin. Ein Jahr später, 1838, konnte die elf Kilometer lange Bahnstrecke zwischen Berlin und Potsdam, die "Stammbahn" als erste Eisenbahnstrecke Preußens eröffnet werden. Bis 1846 wurde die Strecke noch bis Magdeburg verlängert. Die ersten Bahnhöfe zwischen Berlin und Potsdam waren Zehlendorf (1838), Schöneberg (1839) und Steglitz (1839).

Geisterbahnhof Düppel: Kein Halt zwischen Zehlendorf und Neubabelsberg

Die Linie war sozusagen der Ausgangspunkt oder "Stamm" der preußischen Eisenbahn, daher auch ihr Name "Stammbahn". Die gesamte Bahnverbindung zwischen Berlin und Potsdam war als eingleisige Strecke ausgelegt. In der Planung war aber bereits der Ausbau auf ein zweigleisiges System berücksichtigt und der nötige Platz vorgesehen, so dass die Strecke ab 1891 zweigleisig befahren werden konnte.

Mehr als 100 Jahre lang fuhren Eisenbahnen auf der Stammbahn zwischen den Bahnhöfen Zehlendorf und Neubabelsberg hin und her, beförderte Fahrgäste und Güter, und das alles ohne Zwischenhalt. Das Areal im Süden Berlins war nur wenig bebaut und eine Station hätte sich in dem ländlichen Gebiet nicht gelohnt. Das änderte sich Anfang der 1930er-Jahre, als die Kleinmachnower Siedlung Eigenherd von Süden her begann, an die Bahntrasse heranzuwachsen.

Geisterbahnhof Düppel: 1939 wird die Bahnstation Düppel eröffnet

Inzwischen war die Elektrifizierung der Eisenbahn vorangeschritten, und Berlin hatte, seit 1924 die ersten Versuchstriebwagen der AEG am Stettiner Vorortbahnhof anrollten – der Geburtsstunde der S-Bahn – , ein beachtliches Stadtbahnnetz aufgebaut. 1933 wurde die Wannseebahn elektrifiziert und gleichzeitig auch die Ferngleise der Stammbahn von Berlin bis Zehlendorf, auf denen die Bankierzüge rollten: bis zu 120 Stundenkilometer schnelle Züge, die viele Bankmitarbeiter zwischen der City und den Vororten transportierten.

Doch hinter Zehlendorf lag immer noch das Reich der Dampfloks, die sich durch den Schnee, die Blätter und den Regen der Vororte kämpften. Die Reichsbahndirektion Berlin meldete 1934 den Bedarf für eine Bahnstation an, die die wachsende Siedlung Kleinmachnow und den ehemaligen Gutsbezirk Düppel für die Stammbahn erschließen sollte. Dabei blieb es aber vorerst.

Erst fünf Jahre später – kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs – schritten die Pläne voran. Die Reichsbahn richtete ungefähr zweieinhalb Kilometer südlich von Zehlendorf in Höhe der Blockstelle 19 den Haltepunkt Düppel ein, an dem die Dampfvorortzüge auf dem Weg von Berlin nach Werder hielten. Die Betriebsstelle wurde im Mai 1939 eröffnet und war eher klein dimensioniert. Damit durchfahrende Züge ihre Geschwindigkeit nicht verringern mussten, erhielt der Bahnhof zwei Seitenbahnsteige.

Geisterbahnhof Düppel: Kriegsschäden und Abbau der Gleise nach dem Krieg

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs kam der Zugverkehr auf der Stammbahn wie auf anderen Strecken Berlins auch zum Erliegen. Doch während die Hauptverbindungen nach dem Kriegsende schnell wieder instand gesetzt wurden, waren die Schäden auf der Vorortstrecke schwerwiegender. Nach der Sprengung der Teltowkanalbrücke durch deutsche Truppen im April 1945 gab es auf der Strecke zwischen Zehlendorf und Griebnitzsee kein Durchkommen mehr.

Im Zuge der nationalsozialistischen Fieberfantasien für die "Welthauptstadt Germania" war noch der Ausbau der Stammbahn auf sechs Gleise und die Elektrifizierung der zwei Vorortgleispaare für den S-Bahn-Verkehr vorgesehen gewesen. Stattdessen wurden in der Nachkriegszeit die Gleise zwischen Griebnitzsee und Düppel als Reparationsleistung entfernt sowie das südlich gelegene, zweite Gleis vom Bahnhof Düppel nach Zehlendorf. Damit war der Streckenabschnitte für den Regionalverkehr bedeutungslos geworden.

Geisterbahnhof Düppel: Abgelegener Bahnhof im Schatten der Berliner Mauer

Ab dem 1. Dezember 1945 wurde der Verkehr am Bahnhof Düppel wiederaufgenommen. Fortan verkehrten Dampfzüge im Pendelverkehr auf dem verbliebenen Gleis zwischen Zehlendorf und Düppel. Im Juni 1948 wurde der Dampfbetrieb auf der knapp drei Kilometer langen Strecke schließlich eingestellt und die Gleise elektrifiziert. Damit hatten auch die Bewohner Kleinmachnows und Düppels endlich eine erreichbare S-Bahnstation.

Dreizehn Jahre lang konnten sie die Verbindung – anfangs halbstündlich und ab Ende 1948 im 20-Minuten-Takt – nach Zehlendorf nutzen, bis der Mauerbau 1961 den Bahnhof buchstäblich aufs Abstellgleis beförderte. Von Kleinmachnow in Ostberlin war der auf Westberliner Gebiet gelegene Bahnhof unerreichbar geworden. Und in Westberlin bestand wenig Bedarf an der Fahrstrecke, die nun in unmittelbarer Nähe zum Todesstreifen im Nirgendwo endete.

Geisterbahnhof Düppel: Fahrgastschwund nach S-Bahn-Boykott

"Du bezahlst noch Westgeld für Ulbricht ?": Gewerkschafter werben mit Plakaten 1961 am Bahnhof Zoo für den Boykott der S-Bahn. © picture-alliance/ dpa | Konrad Giehr

Der Bahnhof wurde wie alle Westberliner S-Bahnhöfe bis in die 1980er-Jahre durch Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn betrieben. An Feiertagen fuhren die Züge mit DDR-Flagge, woraufhin Gewerkschafter, Studenten und der Regierende Bürgermeister Willy Brandt 1961 zum S-Bahnboykott aufriefen. Das Fahrgastaufkommen an dem ohnehin abgelegenen Bahnhof Düppel war in der Folge überschaubar. In vielen Zügen saß kein einziger Fahrgast mehr.

Als letzten Versuch richtete die Reichsbahn 1972 zwischen Düppel und Zehlendorf in der Nähe eines neuen Wohngebietes den neuen Haltepunkt Zehlendorf Süd ein, um die Fahrgastzahlen wieder zu steigern und die Stammstrecke wiederzubeleben – was jedoch scheiterte.

Geisterbahnhof Düppel: Stilllegung des Bahnhofs in den 1980er-Jahren

Grenzschild
Grenzschild "Ende des amerikanischen Sektors" im Bereich der stillgelegten Stammbahn von Berlin nach Potsdam, Foto aus dem Jahr 1986. © picture-alliance/akg-images/Herbert Kraft

Trotz geringer Fahrgastzahlen verkehrten die Züge, genauer gesagt, der eine Pendelzug am Bahnhof Düppel bis zum Streik der Reichsbahner im September 1980 – die Bahnmitarbeiter forderten höheren Lohn und bessere Arbeitsbedingungen und leiteten damit die Wende zur Übernahme der S-Bahn durch die BVG 1984 ein. Für den Betrieb des häufig leeren Pendelzuges auf der Stammbahn war mindestens ein Triebfahrzeugführer und ein Schaffner notwendig – ein für die Deutsche Reichsbahn teurer Spaß.

Und auch auf anderen Strecken war das Ostberliner Prestigeprojekt zu einem Devisengrab geworden. Die Reichsbahn reagierte 1980 mit der Außerbetriebnahme von 72 Kilometer S-Bahnstrecke: Bis heute sind Verbindungen wie Spandau–Staaken, Jungfernheide–Spandau und Zehlendorf–Düppel nicht wieder in Betrieb genommen worden. Der Bahnhof Düppel wurde mit der Stilllegung der Stammbahn zum Geisterbahnhof.

Geisterbahnhof Düppel: Die Station wird zu einem vergessenen Lost Place im Wald

Prellbock am früheren Bahnhof Düppel 2022.
Prellbock am früheren Bahnhof Düppel 2022. © picture alliance / imageBROKER | Stephan Laude | picture alliance / imageBROKER | Stephan Laude

Seitdem verfielen die Überreste des alten Bahnhofs im Waldstück zwischen der Berlepschstraße und der Lloyd-G.-Wells-Straße seit mehr als 40 Jahren. Der Bahnsteig wurden teilweise abgetragen und Düppel wurde aus dem Stadtentwicklungsplan als Bahnhof entfernt. Wer sich heute auf Spurensuche am südlichen Rand von Nikolassee begibt, findet nur noch verrottete Prellböcke, überwucherte Bahngleise, aus denen Sträucher und Bäume wachsen, verrostete Stahlträger, die aus dem Boden ragen und Fragmente der Bahnsteigkanten des ehemaligen Bahnhofs Düppel.

Vom ehemaligen Durchgangsfahrkartenschalter (Passimeter) am Bahnsteig, dem Wartebereich und anderen Aufbauten haben sich nur verstreute Mauerbruchstücke erhalten, die auf dem Waldboden verstreut liegen. Wer über die Geschichte des Standorts nicht informiert ist, dürfte Probleme haben, überhaupt eine Bahnhofsstation in den von Pflanzen überrankten Trümmern zu erkennen.

Geisterbahnhof Düppel: Und wie sieht die Zukunft aus?

Um die Wahl des Verkehrsmittel für die Stammbahn wird seit langem gerungen.
Um die Wahl des Verkehrsmittel für die Stammbahn wird seit langem gerungen. © bm infografik | C. Schlippes

Eine Reaktivierung des Bahnhofs ist seit seiner Schließung immer wieder mal im Gespräch: In den Jahren 2006 und 2008 gab es Überlegungen, die Station im Rahmen einer Regionalzugverbindung nach Griebnitzsee wieder zu eröffnen – doch es blieb vorerst bei Plänen.

Im Jahr 2023 kam Bewegung in die Sache: Die Deutsche Bahn und der Verkehrsbund Berlin Brandenburg haben die Aufnahme von Vorplanungen für eine Wiederinbetriebnahme der Potsdamer Stammbahn als Regionalzugstrecke bekannt gegeben. Berlin und Brandenburg haben sich dazu verpflichtet, insgesamt rund 26 Millionen dafür bereitzustellen.

Ziel ist es, die stillgelegte Strecke als zweigleisige, elektrifizierte Bahntrasse für Regionalzüge neu auszubauen. Der Bahnhof in Potsdam-Griebnitzsee könnte dazu erweitert, der Bahnhof Europarc Dreilinden neu errichtet und die stillgelegte Haltestelle Düppel-Kleinmachnow reaktiviert werden. "Eine Inbetriebnahme im Jahr 2038 – dem 200. Jubiläum der Strecke – wäre eine gute Zielmarke", sagte Brandenburgs Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) zu der Planung. Für den alten Geisterbahnhof Düppel besteht also Hoffnung, künftig wieder Fahrgäste begrüßen zu können.

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