Berlin. Knapp 300 Menschen waren am Sonntagnachmittag zu Fuß auf der Stadtautobahn A100 unterwegs. Sie demonstrierten gegen deren Ausbau.

Zu Fuß, viele mit dem Fahrrad, manche auf dem Skateboard oder mit Tretrollern, vereinzelt auch einen Kinderwagen schiebend: So zogen die Demonstrierenden am Sonntagnachmittag über die Stadtautobahn 100. Sie demonstrierten unter dem Motto „Klimaschutz statt Autobahn! Laufdemo auf der A100“. Aufgerufen zu der Demonstration hatte die Letzte Generation. Das Bündnis fordert den sofortigen Stopp der Planungen zum Bau des umstrittenen 17. Bauabschnitts der A100, der vom Treptower Park über die Spree, durch die Friedrichshainer Wohnviertel bis nach Lichtenberg führen soll. Sie warnen vor den Folgen für das Klima, das bezirkliche Gefüge sowie für Kulturstandorte.

„Wir befinden uns in Zeiten der Klimakrise. Es muss endlich anders priorisiert werden“, so die Sprecherin der Letzten Generation, Anna Yntema, gegenüber der Berliner Morgenpost. „Der Bau des 17. Bauabschnitts kostet über eine Milliarde Euro, doch beim Klimaschutz scheint das Geld immer zu fehlen, genauso beim Ausbau des Schienennetzes.”

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Demonstrieren für eine ökologisch nachhaltige Verkehrswende

„Die Zukunft geht zu Fuß“, „Autobahnen sind so 1950“, oder „Bass und Bäume statt Beton“ – in Anspielung auf die durch den Ausbau gefährdeten Clubs – war auf Plakaten und Demoschildern zu lesen. Trommelnd, pfeifend und unter kollektiven Fahrradklingeln zogen die Demonstrierenden über die A100 von der Autobahnauffahrt Tempelhofer Damm bis zur nächsten Abfahrt Oberlandstraße. Für die angemeldete Demonstration hatte die Polizei beide Fahrtrichtungen gesperrt. Von der A100 aus ging es über die Oberland-, Silberstein- und Hermannstraße bis zum S- und U-Bahnhof Hermannstraße, wo die Abschlusskundgebung stattfand.

„Starker ÖPNV - NOW“: eine der Forderungen der Demonstrierenden.
„Starker ÖPNV - NOW“: eine der Forderungen der Demonstrierenden. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Neben der Letzten Generation hatten unter anderen der Lobbyverband Fuss e.V., Changing Cities e.V. und Reclaim Club Culture, deren Vertreterinnen und Vertreter Reden hielten, zu der Laufdemo aufgerufen. Auch Extinction Rebellion, der Verkehrsclub VCD und die Bürgerinitiative A100 zählen zu den Unterstützern. „Es haben sich so viele Initiativen, Kampagnen und Bündnisse zusammengeschlossen“, so die Demo-Teilnehmerin Emma Dorow, das würde sie hoffnungsvoll stimmen. Ihrer Ansicht nach müsse der Ausbau des 17. Abschnittes verhindert werden: „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass mehr Autobahnen zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen führen, und wir müssen in Zeiten der eskalierenden Klimakrise auf eine ökologisch nachhaltige Verkehrswende setzen.“

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Geplanter Ausbau der A100: „Total bescheuert“

Unter den Teilnehmenden der Demonstration befand sich auch das Ehepaar Ute und Günter Äthge aus Lichtenberg. „Wir sind direkt betroffen von dem Weiterbau der A100. Unser Kiez wird durch den Bau der Autobahn durchtrennt“, sagte die Berlinerin. „Wir finden den geplanten Ausbau total bescheuert. Es kann ja wohl nicht die Verkehrswende sein, noch mehr Autobahnen zu bauen.“

Das Ehepaar Äthge ist eigenen Aussagen zur Folge direkt betroffen von einem Ausbau des 17. Abschnittes der Stadtautobahn.
Das Ehepaar Äthge ist eigenen Aussagen zur Folge direkt betroffen von einem Ausbau des 17. Abschnittes der Stadtautobahn. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Auch Hannah war mit ihrem Partner und Baby im Kinderwagen zu der Demonstration am Sonntagnachmittag gekommen. „Es ist absoluter Wahnsinn, eine Autobahn zu bauen, die nach Fertigstellung hoffentlich keiner mehr braucht.“ Viele Kieze würden dadurch zerstört werden. Ihre größte Angst sei jedoch, dass der Ausbau nach dem 17. Abschnitt an der Storkower Straße nicht endet: „Danach geht die Stadtzerstörung weiter“, fürchtet die Berlinerin. Nach Angaben der Berliner Polizei ist die Demonstration störungsfrei verlaufen. In der Spitze beteiligten sich 280 Menschen, so eine Polizeisprecherin zu Morgenpost.

Kultureinrichtungen von Autobahnausbau bedroht

Proteste gegen den Ausbau der A100 gibt es schon seit Jahren. Derzeit entsteht der 16. Bauabschnitt der A100, der die Anschlussstellen Neukölln und Am Treptower Park verbindet. Er soll Ende dieses Jahres fertiggestellt werden. Die Vorbereitungen für den 17. Abschnitt laufen. Dieser wird vom Bereich Elsenbrücke durch Treptow-Köpenick, Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg zur Storkower Straße führen. Das Projekt umfasst 5,7 Kilometer, davon 4,1 Kilometer Autobahn und 1,6 Kilometer Ausbau an der Storkower Straße.

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Nach Einschätzung der Veranstalter-Vereinigung Clubcommission sowie des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg sind etwa 30 Kultureinrichtungen durch den Autobahnausbau bedroht. Betroffene Clubs und Bars wären beispielsweise Wilde Renate, Else, das Oxi und der Club Ost. Einen konkreten Terminplan für den Ausbau im 17. Bauabschnitt gibt es aktuell nicht.

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