Berlin. Partymacher, Klimaaktivisten und Naturschützer wollen den Weiterbau der A100 stoppen. Tausende Menschen werden zur Demo erwartet.

Das Logo auf Einladung und Postern zur Demonstration der Autobahngegner fasst griffig zusammen, worum es den Veranstaltern geht: Zu sehen ist eine Abrissbirne, die das international übliche Symbol für „Autobahn“ zerschlägt. Am Samstag, 2. September, ist in Friedrichshain ein großes Protest-Fest gegen den Ausbau der A100 geplant. Die Initiatoren haben für den Bereich Elsenbrücke und Markgrafendamm bis zu 20.000 Teilnehmer angemeldet.

Umstritten bei Klimaschützern und den Berliner Clubs am Markgrafendamm: die Baustelle der A100.
Umstritten bei Klimaschützern und den Berliner Clubs am Markgrafendamm: die Baustelle der A100. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Im Zentrum stehen jene angrenzenden Clubs, die wegen des Ausbaus der A100 ihre Lokale und Gärten räumen müssten. Weil tiefe Frequenzen bei ihrer Musik wichtig sind, wählten sie für die Demonstrationstag den Slogan „A100 wegbassen“. Ihr Polit-Rave findet von 14 und 22 Uhr statt. Ab der Elsenbrücke wird der Markgrafendamm bis zur Ecke Hauptstraße, also kurz vor dem Bahnhof Ostkreuz gesperrt sein.

„A100 wegbassen“: Berliner Clubs und Umweltschützer demonstrieren gegen Autobahn-Weiterbau

Zu den Unterstützern zählen Greenpeace und der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club Berlin ebenso wie Protestbewegung Extinction Rebellion. Laut Christian Mast von der Initiative Geradedenken werden Clubs wie das about blank Bühnen aufbauen und ihre namhaften Stamm-DJs an die Plattenspieler stellen. Zwei weitere Bühnen sind für politische Kundgebungen reserviert. Bernd Obmann von Umweltverband BUND Berlin kündigte eine Fahrraddemonstration an. Diese werde vom Bundesverkehrsministerium am Invalidenpark in Mitte über den Sitz der Autobahn GmbH an der Heidestraße und das Rote Rathaus zum Protest-Fest am Markgrafendamm führen.

Mit dem Event stellen sich die Initiatoren Plänen entgegen, die besonders das Bundesverkehrsministerium vorantreibt. Der 16. Abschnitt des Großprojekts A100 zwischen Dreieck Neukölln und Treptower Park soll im kommenden Jahr abgeschlossen werden. Die Vorbereitungen für den daran abschließenden 17. Abschnitt laufen. Dieser wird von Treptower Park in Richtung Lichtenberg bis zur Storkower Straße reichen.

BUND fordert Verkehrswende und Ausbau des ÖPNV

BUND-Vertreter Obmann sagte: „Wenn überhaupt, wird der 17. Abschnitt in 25 Jahren fertig gestellt sein. Es fehlt mir da allerdings die Fantasie, mir vorzustellen, dass wir dann immer noch individuell in Autos durch die Stadt fahren.“ Es gelte jetzt, eine Verkehrswende zu realisieren und den ÖPNV auszubauen, so Obmann.

Darya Sotoodeh von Fridays for Future Berlin erklärte, die Autobahnplanung folge einem Konzept der 1950er-Jahre. Inzwischen befinde sich die Welt tief in der Klimakrise. Deren Folgen gelte es zu bekämpfen. Dabei müsse unter anderem der Verkehrssektor klimafreundlich umgestaltet werden.

„Diese Autobahn wird niemals kommen, da bin ich ganz sicher“

Gegner des A100-Weiterbaus warnen vor Folgen für Klima, bezirkliches Gefüge sowie Kulturstandort. Nach Einschätzung der Veranstalter-Vereinigung Clubcommission sowie des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg sind etwa 30 Kultureinrichtungen bedroht. Betroffene Clubs und Bars wären beispielsweise Wilde Renate, Else, und der Club Ost. Man sehe die Demonstration am kommenden Freitag nun als „clubkulturelle Barrikade gegen den fossilen Kapitalismus“, formulierte ein Vertreter des about blank am Freitag.

Der frühere rot-grün-rote Berliner Senat hatte den Weiterbau abgelehnt. Die damalige Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) kündigte noch im Januar diesen Jahres gegenüber der Berliner Morgenpost an: „Diese Autobahn wird niemals kommen, da bin ich ganz sicher.“ Das Verkehrsministerium betonte dagegen in der Vergangenheit gelassen, die Zuständigkeit in der Frage liege allein beim Bund.

Die A100 soll den Osten der Stadt besser anschließen

Befürworter des Autobahnausbaus argumentieren, dieser ermögliche eine bessere Erschließung des Ostens der Stadt sowie die Verbindung zum Flughafen BER. Zudem würden Wohnviertel von Verkehr befreit. Im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD ist lediglich die Fertigstellung des 16. Bauabschnitts erwähnt. Der 17. Abschnitt blieb außen vor, da die CDU für und die SPD allerdings gegen die Verlängerung ist.

Nach dem Protest-Rave am kommenden Freitag ist die Aktion „Spektakel auf der Autobahn“ auf einen längeren Zeitraum ausgelegt. Vom 9. bis 24. September wird dabei eine Brache am Ostkreuz bespielt, die auf dem Streckenverlauf des nächsten Autobahnabschnitts liegt. Damit wolle man zeigen, was auf dem freien Areal möglich wäre, wenn denn die Autobahn nicht käme, sagte Briti Beneke von der Bürgerinitiative A100 am Freitag. Zum Programm zählen während der zwei Wochen etwa Zirkus-Shows, Musik, Theater und Flohmarkt.

Auf die Autobahn geklebt

Proteste der Gegner begleiten den Ausbau der Strecke seit vielen Jahren. Im April 2023 spielte ein Klassik-Orchester mit Chor auf der Autobahnauffahrt Tempelhofer Damm. Für Verkehrsteilnehmer blieb daher die A 100 zwischen Tempelhof und Autobahndreieck Neukölln gesperrt. Im Mai blockierten Aktivisten der Letzten Generation die A100 kurz vor der Ausfahrt Hohenzollerndamm. Mehrere Klimaschützer hatten sich dort auf die Autobahn geklebt. Es kam zu Übergriffen gegen die Demonstranten durch Autofahrer.

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