Berlin. Über Treuhand-Verfahren könnten Geldwäsche-Objekte und Geisterhäuser genutzt werden. Doch bisher wurden sie noch nie angewendet.

In Berlin werden jedes Jahr zehn Milliarden Euro Schwarzgeld durch Investitionen in Autos, Schmuck, oder Immobilien „reingewaschen“. In der Perleberger Straße in Moabit steht ein Mehrfamilienhaus, das davon in großem Maß betroffen ist. Die 31 Wohneinheiten der Hausnummer 50 stehen seit über einem Jahrzehnt leer, 22 davon wurden von der Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Geldwäsche beschlagnahmt.

Das Gebäude gehört wie die Remmo-Villa in Neukölln zu den 77 Immobilien, die Mitte Juli 2018 im Zuge der Ermittlungen der Berliner Polizei gegen die Clan-Kriminalität beschlagnahmt worden sind. Die Remmo-Villa gehört aktuell dem Land Berlin, die Kommune Neukölln denkt über eine Umnutzung nach. Die Bezirke können derartige Immobilien, sowie andere verfallende Häuser und Spekulationsobjekte durch Einsetzung von Treuhändern restaurieren und in Wohnraum umwandeln. Nach der Ankündigung des Senats im Jahr 2022, das Verfahren anwenden zu wollen, ist es allerdings bisher nicht zum Einsatz gekommen. Der rechtliche Rahmen für eine „vorübergehende Enteignung und Zwangsverwaltung“ wurde bereits 2018 geschaffen.

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Politiker über Leerstände: „Angesichts der krassen Wohnungsnot ein Skandal“

Niklas Schenker, Wohnungspolitik-Experte der Linken im Abgeordnetenhaus, beobachtet die Leerstände in Berlin mit Sorge: „Angesichts der krassen Wohnungsnot ist es ein Skandal, wenn Eigentümer ihre Häuser aus spekulativen Gründen leerstehen oder verfallen lassen. Senat und Bezirke müssen viel frühzeitiger und konsequenter durchgreifen. Wir brauchen jede bezahlbare Wohnung. Leerstehende oder verfallene Immobilien sollten per Treuhänder instandgesetzt und anschließend wiedervermietet werden. Die Bezirke haben dieses wichtige Instrument und müssen es endlich nutzen. Bisher ist das im Land Berlin in einigen Fällen angekündigt, aber nie durchgesetzt worden. Es fehlt an der politischen Unterstützung des Senats.“

Geisterhaus in Mitte kommt für Treuhand-Verfahren in Frage

Leerstände durch Enteignungen sind das eine, es gibt aber auch zahlreiche Geisterhäuser in Berlin. In Mitte wurde ein Mehrfamilienhaus in der Kameruner Straße 5, Ecke Liebenwalder Straße 22 bereits im Jahr 2018 geräumt. Rund 120 Mieter hatten dort inmitten von Müll und Ratten ohne fließendes Wasser gelebt. Recherchen der Morgenpost ergaben, dass der Eigentümer, Santosh A., ein früherer Chefarzt und Wissenschaftler in Rente, vor Gericht bereits zugegeben hatte, überfordert zu sein. Per Urteil des Amtsgerichts Tiergarten musste er schon einmal 15.000 Euro Strafe zahlen, wegen Verwahrlosung einer geerbten Immobilie.

Auf die Anfrage des Abgeordneten Niklas Schenker antwortete das Bezirksamt Mitte im März 2024 bezüglich dieser Immobilie, dass es aktuell „ein laufendes Gerichtsverfahren mit dem Eigentümer“ gebe. Inhalt sei die Vollstreckung des Kostenvorschusses für die Erbringung von Planungsleistungen zur Mangelerfassung am Gebäude. Diese Mangelerfassung wäre erste Voraussetzung zur Einleitung eines möglichen Treuhänderverfahrens.“

Geldwäsche-Experte hofft auf neue Behörde und neue Datenbank ORBIS

Sebastian Schlüsselburg, Rechtsexperte der Linken-Fraktion, hat in der Abteilung Geldwäsche der Staatsanwaltschaft hospitiert. Sein Eindruck: „Berlin ist mit seinem überhitzten Immobilienmarkt ein Geldwäscheparadies.“ Die Bundesregierung plant die Gründung einer neuen Behörde: das Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF), dessen Herzstück das neue Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) in Berlin sein soll. Schlüsselburg dazu: „Wichtig ist, dass sich die Zusammenarbeit mit dem neuen EZG künftig besser gestaltet als mit der Financial Intelligence Unit (FIU)“, die in Köln sitzt.“ Durch die ORBIS-Datenbank, die während der rot-rot-grünen Regierung beschafft wurde, könnten Eigentumsverschleierungen und Geldflüsse besser aufgedeckt werden.

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