Berlin. BVG testet Bodycams für Sicherheitsmitarbeiter in der U-Bahn, um Konflikten vorzubeugen. Doch an dem Pilotprojekt gibt es auch Kritik.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wollen die Sicherheit für Mitarbeiter und Fahrgäste weiter erhöhen und testen seit dem 11. März deshalb Bodycams im U-Bahn-Bereich. 18 Kameras hat das Unternehmen gekauft, mit denen Beschäftigte im Sicherheitsdienst ausgestattet werden, die sich freiwillig für das Pilotprojekt gemeldet haben. Doch an dem Test gibt es auch Kritik: Die BVG führe „trotz sinkender Delikte Bodycams auf mangelnder Rechtsgrundlage und fehlendem Nachweis für deeskalative Effekte ein“, sagt die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Antje Kapek.

Zahlen zeigen, dass im Jahr 2022 knapp 340 Delikte gegen BVG-Beschäftigte registriert wurden, im vergangenen Jahr waren es 250. Dabei hat vor allem die Zahl der Körperverletzungen abgenommen, nach 171 Fällen im Jahr 2022 gab es 2023 noch 115 Fälle. Die Zahl der Delikte Beschäftigte im Bereich Service und Sicherheit hat sich nahezu halbiert, sie ging von 126 auf 67 Delikte zurück. Das geht aus einer aktuellen Anfrage von Kapek und ihrem Fraktionskollegen Vasili Franco hervor, die der Berliner Morgenpost vorab vorliegt.

Antje Kapek (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
Antje Kapek (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin © DPA Images | Christoph Soeder

Deeskalierende Wirkung eingeschränkt bei Personen unter Drogeneinfluss

Die BVG begründet den Tests der Kameras damit, dass „sich aus Studien über die Nutzung von Bodycams ergibt, dass sie sich positiv auf die Entschärfung von Konfliktsituationen auswirken können“. Weil abschließende Erkenntnisse noch fehlen, wolle man in dem Projekt nun eigene Erfahrungen sammeln. „Insbesondere die Prävention und Deeskalation gefährlicher Situationen, der Schutz von Mitarbeitenden sowie Fahrgästen vor Übergriffen und die Gewährleistung einer sicheren und störungsärmeren Nutzbarkeit des ÖPNV sollen erprobt werden“, so die BVG.

Der positive Effekt von Bodycams wurde den Angaben nach in vier anderen Bundesländern bestätigt, wobei dies unter bestimmten Bedingungen nicht galt. Die Studien in Bremen, Thüringen und Sachsen-Anhalt schränkten die deeskalierende Wirksamkeit ein „für Personengruppen, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stehen oder sich in psychischen Ausnahmesituationen befinden“, schreibt Staatssekretär Severin Fischer.

Berliner Senat überzeugt von Bodycam-Einsatz bei der BVG

Dem Senat zufolge würde diese Einschränkung nicht überraschen, „denn die Deeskalationswirkung des Einsatzes von Bodycams beruht darauf, dass das Wissen um mögliche strafrechtliche Konsequenzen des eigenen Verhaltens in der Regel eine deeskalierende Verhaltensänderung in der konkreten Situation bewirkt“. Bei einer eingeschalteten Bodycam kann sich eine Person auf einem Bildschirm selbst sehen.

Allerdings: „Die Einsichtsfähigkeit in die Folgen des eigenen Verhaltens kann unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen oder in psychischen Ausnahmesituationen beeinträchtigt sein“, schreibt Fischer, der sich insgesamt dennoch positiv äußert: „Der Senat ist davon überzeugt, dass der Einsatz von Bodycams in den meisten Fällen ein wirksames Mittel zur Verhütung von Gewalt gegen BVG-Beschäftigte darstellt.“

„Es ist ein allgemein anerkanntes politisches Ziel, dass Fahrgäste und Fahrende im öffentlichen Nahverkehr bestmöglich geschützt werden“, sagt Kapek. Allerdings fehle ein Gesamtkonzept zur Verbesserung der Bedingungen bei der BVG. „Statt auf den weiteren Einsatz von noch mehr Videotechnik zu setzen, würde eine Entlastung des Personals durch bessere Arbeitsbedingungen helfen“, so die Grünen-Abgeordnete. Dabei mangele es „an geschützten Aufenthaltsräumen, Sicherheitstrainings und Kombi-Streifen, die Sicherheit und Arbeitsbedingungen deutlich verbessern würden“.

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