Berlin. Union verliert das Kellerduell gegen den VfL Bochum und muss mehr denn je um den Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga bangen.

„Das war eine glatte Sechs!“ Besser als Rani Khedira, am Sonntag Kapitän von Union Berlin im Bundesliga-Kellerduell gegen den VfL Bochum, kann man die erste Halbzeit der Köpenicker nicht zusammenfassen. Diese erschütternd schwachen 45 Minuten waren die Basis für ein 3:4 (0:3) gegen die Bochumer, das Union mehr denn je um den Klassenerhalt bangen lässt.

Und trotz der Aufholjagd nach dem Seitenwechsel schwindet die Fantasie, wie die Mannschaft von Cheftrainer Nenad Bjelica den Abstieg tatsächlich verhindern will. Selbst der direkte Sturz in die Zweitklassigkeit ist weiter möglich. Und auch wenn Khedira versprach, „dass wir nächste Woche ganz anders auftreten werden“: Beim nächsten Gegner Köln (Sonnabend, 15.30 Uhr, Sky) wird man genau hingeschaut haben.

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„Wir müssen uns mit allen Szenarien auseinandersetzen und darauf gefasst sein“, erklärte Khedira. Nach dem Bochum-Spiel darf es ernsthafte Zweifel geben, ob wirklich alle diese Szenarien verinnerlicht haben. Ganz zu schweigen davon, dass auch Coach Bjelica stärker als bislang in der Kritik stehen dürfte. Ob er die Saison bei Union beenden darf, ist fraglich.

Fans von Union Berlin empfangen Mannschaft begeistert

„Wir haben sehr nervös gewirkt in der ersten Halbzeit. Natürlich ist das mit so vielen erfahrenen Spielern nicht normal. Alles bewegt sich im Kopf, nicht in den Beinen. Was hat uns zu dieser Nervosität gebracht – das können wir analysieren“, sagt Bjelica.

„Aufwachen, aufwachen!“, schallte es von den Rängen. Da war gerade erst gut eine halbe Stunde gespielt. Und Union Berlin, das sich so viel vorgenommen hatte, hatte bereits mit dem Taumeln durch dieses Spiel aufgehört. Die Mannschaft lag am Boden, sinnbildlich, und doch unübersehbar.

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Der Bochumer Maximilian Wittek hatte gerade Unions Danilho Doekhi ausgetanzt, auch Diogo Leite schlecht aussehen lassen und dann einfach mal vollendet. Die große Party, die man sich an der Alten Försterei gewünscht, vorbereitet und so sehnlichst erwartet hatte, sie war vorbei, ehe sie hatte beginnen können.

Gut eine Stunde vor dem Anpfiff musste der Mannschaftsbus den Parkplatz vor dem Stadion im Schritttempo passieren, weil Union-Fans ein Spalier gebildet hatten, um die Mannschaft zu empfangen, enthusiastisch, auch ein wenig euphorisch. Schon beim Warmmachen wurden die Profis mit einem Transparent begrüßt: „Alle zusammen, Schulter an Schulter – 3 Mal beißen, 3 Mal zerreißen!“

Union Berlin spielt in Halbzeit eins wie ein Absteiger

Alles wurde beschworen, der Zusammenhalt, die Wucht des eigenen Stadions, der Glaube daran, dass etwas nicht sein kann, was nicht sein darf. „Unsere Fahnen im Wind, unsere Banner gehisst, in unserer Heimat, unserer Festung – für Emotionen und Momente, die niemand mehr vergisst. Eisern Union!“, wurde beim Einlauf der Mannschaften ins Stadion rund um die Tribünen gezeigt. Es gab diese Momente, doch sie waren zum Vergessen.

Das Restprogramm von Union Berlin

Sonnabend, 11. Mai, 15.30 Uhr: 1. FC Köln – Union Berlin

Sonnabend, 18. Mai, 15.30 Uhr: Union Berlin - SC Freiburg

„Aufwachen, aufwachen!“ Schon nach dem 0:1 ebenfalls durch Wittek hätte es dieses Signal von den Rängen gebraucht. In dieser 16. Minute schloss er eine mustergültige Vorarbeit von Moritz Broschinski ab. Doch erst beim zweiten Treffer des Bochumers in der 31. Minute schien man Schulter an Schulter aufwachen zu wollen. Da war die sportliche Bankrotterklärung der Köpenicker schon in vollem Gange.

Wenn selbst Führungsspielern wie Khedira oder auch Robin Gosens hanebüchene Abspielfehler unterlaufen, Offensivbemühungen durch wirkungslose Einzelaktionen erstickt werden (Hollerbach) und man sich mit einfachsten Mitteln ausspielen lässt wie beim 0:3 durch Ex-Unioner Keven Schlotterbeck (37.), dann fehlen die Argumente für einen Klassenerhalt in der Fußball-Bundesliga. „Nach dieser ersten Halbzeit gibt es keine“, bestätigte Khedira.

Tore-Wahnsinn in der zweiten Halbzeit

Nach dem Wechsel stellte Union-Coach Bjelica seine Abwehrformation wieder von Dreier- auf Viererkette um, setzte mit Yorbe Vertessen (für Kevin Volland), Chris Bedia (für Lucas Tousart) und Brenden Aaronson (für Kevin Vogt) auf totale Offensive. Und der Wahnsinn nahm seinen Lauf.

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Das 1:3 durch Vertessen (59.), der ansatzlos aus 25 Metern einschoss, entfachte einen Jubelorkan. Drei Minuten später verkürzte Chris Bedia auf 2:3 (62.). Philipp Hofmanns 2:4 (70.) konterte Hollerbach mit dem 3:4 (74.). Taktik? Spielzüge? Ab jetzt war nur noch Willen Trumpf. Und die Köpenicker versuchten noch einmal alles. Doch die Aufholjagd kam zu spät.

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