Berlin. Hertha BSC sieht in Paderborn lange wie der sichere Verlierer aus – bis Hussein und Tabakovic das Spiel überraschend noch drehen.

Es waren Millimeter, die Hertha BSC wieder ins Spiel brachten. Die eine irre Aufholjagd des Berliner Fußball-Zweitligisten einleiteten. Als Jonjoe Kenny in der 85. Minute den Ball in die Mitte schlug und Bilal Hussein verwandelte, war die einhellige Meinung, dass das Spielgerät schon bei der Hereingabe im Tor-Aus gewesen war. Der Videoassistent checkte, maß und kam zu der Erkenntnis, dass alles im regulären Bereich war. Ganz knapp. Doch das Tor zählte.

Fünf Minuten später lag der Ball erneut im Netz – dank des 18. Saisontreffers von Haris Tabakovic. Und eine sicher geglaubte Niederlage endete für den blau-weißen Hauptstadtklub mit einem 3:2 (1:1) gegen den SC Paderborn.

Hertha BSC zeigt über weite Strecken schwache Vorstellung

„Wir haben heute das erste Mal ein bisschen Glück gehabt“, erklärte Trainer Pal Dardai. „So eine Reise macht man lieber mit drei Punkten als mit null.“ Kapitän Fabian Reese war ähnlicher Meinung: „Das war sicherlich ein Spiel, das glücklich zu unseren Gunsten ausgefallen ist.“

In der Tat. Hertha hatte am Freitagabend in Ostwestfalen über weite Strecken der Partie eine schwache Vorstellung gezeigt. Zu viele einfache Fehler, eine lückenhafte Defensive, keine Mittel gegen das Tempo der Paderborner und offensiv nur hin und wieder existent. Auch weil der SCP Tabakovic und Reese so gut im Griff hatte, wie kaum ein anderer Gegner bislang.

„In der ersten Hälfte habe ich nichts gesehen, was wir trainiert haben“, monierte Trainer Dardai. „Da waren wir wie blockiert.“ Paderborn nutzte das gnadenlos aus. Schon nach sieben Minuten lag der Ball zum ersten Mal im Kasten von Herthas Marius Gersbeck. Doch das Eigentor von Jonjoe Kenny zählte nicht, weil SC-Stürmer Sirlord Conteh vorher im Abseits gestanden hatte.

Barkok mit seinem ersten Treffer für Hertha BSC

Gut zehn Minuten später gab‘s dann aber nichts zu beanstanden. Raphael Obermair verwandelte einen direkten Freistoß aus halblinker Position, der Ball prallte vom Pfosten ins Netz (16.). Ein Gegentor, auf das die Berliner überraschenderweise sofort eine Antwort hatten.

Aymen Barkok, der für Jeremy Dudziak in der Startelf stand, eroberte einen schwachen Ball von Paderborns Kai Klefisch, legte auf Palko Dardai ab, der für den gelbgesperrten Marten Winkler begann. Vor dem Tor von SC-Keeper Pelle Boevink spielte Dardai noch einmal quer und ermöglichte Barkok so seinen ersten Treffer im Trikot von Hertha BSC – 1:1 (17.).

Ein glückliches Halbzeitergebnis, wenn man bedenkt, dass Paderborn die spielbestimmende Mannschaft in Durchgang eins war. Die Hausherren nutzten gleich mehrere Großchancen zur erneuten Führung nicht. „Jeder muss gierig sein, zu verteidigen. Das waren wir heute nicht“, erklärte Herthas Tabakovic. „Wir haben das auch in der Halbzeit angesprochen. Trotzdem machen wir es nicht gut.“

Die Einwechselspieler machen den Unterschied

59 Minuten waren gespielt, als ein Eckball von Aaron Zehnter den Kopf von Visar Musliu fand. Der Abwehrspieler des SCP nickte – nicht den ersten gefährlichen Eckstoß dieses Spiels – über Gersbeck hinweg ein. Ein Rückstand, von dem sich Hertha scheinbar nicht erholen konnte.

Trainer Dardai wechselte immer wieder frisches Personal ein, brachte unter anderem Ibrahim Maza (für Florian Niederlechner) und Bilal Hussein (für Michal Karbownik). Beide sollten einen nicht unwesentlichen Anteil am Last-Minute-Sieg haben.

Erst erzielte Hussein – ebenfalls mit seinem ersten Treffer für die Profis von Hertha – besagten Ausgleich. Dann endete eine Gemeinschaftsproduktion von Derry Scherhant, Reese, Maza und schließlich Tabakovic im 3:2 (90.). Für den Bosnier war es der erste Auswärtstreffer seit Anfang September.

Berliner klettern vorübergehend auf Rang sechs

„Das Entscheidende waren die Wechselspieler“, erklärte auch Chefcoach Dardai. „Wenn jemand Hertha BSC Räume gibt, sieht das so aus. Wir sind eine Umschaltmannschaft.“ Manchmal reichen also fünf Minuten. Um aus einer drohenden Niederlage doch noch einen überraschenden Sieg zu machen.

Für die Berliner, die nun in den vergangenen acht Spielen nur eine Niederlage kassierten, war es bereits die zweite Partie in Folge, in der sie nach einem Rückstand noch einmal zurückkamen. Schon beim 3:3 gegen den 1. FC Nürnberg am vergangenen Wochenende war das gelungen. „Neue Qualität“, fasste es Reese kurz und knapp zusammen. Der Lohn: Platz sechs – zumindest über Nacht.

Mehr über Hertha BSC lesen Sie hier.