Berlin. Es ist eine gute Nachricht, dass Behörden Bußgelder gegen Eltern verhängen, wenn ihre Kinder schwänzen, findet Ulrich Kraetzer.

Nicht für die Schule lernen wir, sondern für das Leben. Als Schüler mögen sich die meisten über diesen Satz lustig gemacht haben. Doch das ändert nichts daran, dass er richtig ist. Denn der Erfolg in der Schule entscheidet maßgeblich über die Chancen im Beruf, über den sozialen Status, über die Frage, ob man sich ein Leben in einer Stadt wie Berlin überhaupt noch leisten kann.

Eine Statistik der Berliner Schulverwaltung zeigt nun, dass viele Schüler die Chance, in der Schule etwas für das Gelingen ihres Lebens zu tun, nicht in ausreichendem Maße nutzen. Weil sie erst gar nicht hingehen. An den Grundschulen fehlten in den Jahrgangsstufen fünf und sechs allein in der zweiten Hälfte des vergangenen Schuljahres rund zwölf Prozent aller Schüler bis zu zehn Tage unentschuldigt. Das ist nicht hinnehmbar. Denn die Schüler berauben sich damit ihrer Chancen. Wenn ihr familiäres oder soziales Umfeld nicht intakt ist, sollte man besser sagen: Sie werden dieser Chancen beraubt.

Die Statistik bestätigt auch die ohnehin bereits gesicherte Erkenntnis, dass allzu häufig die soziale Herkunft über den schulischen Erfolg entscheidet: In Mitte und Spandau, in zwei Bezirken mit vielen sozial schwachen Bewohnern, gibt es besonders viele Schulschwänzer. In Gymnasien fehlen Schüler fast nie ohne Entschuldigung. In Sonderschulen geschieht dies besonders häufig.

In einem Sozialstaat wie der Bundesrepublik muss der Staat denen, die wegen ihrer sozialen Herkunft ungünstige Startbedingungen haben, unter die Arme greifen. Nicht nur mit Hilfsangeboten. Sondern auch mit Druck. Es ist daher eine gute Nachricht, dass die Behörden mittlerweile viel häufiger Bußgelder gegen Eltern verhängen, wenn diese ihre Kinder nicht zur Schule schicken. Denn die Eltern gefährden damit das Wohl ihrer Kinder. Auch ihnen muss daher geholfen werden. Wer keine Hilfe annimmt, muss aber auch mit Strafen rechnen.

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