Was Berlin tun muss gegen das Schuleschwänzen, kommentiert unser Redakteur Lorenz Vossen.

Die Schulpflicht sei nicht verhandelbar, heißt es in einer Richtlinie der Berliner Senatsbildungsverwaltung für Lehrer zum Thema Schule schwänzen, und das ist keine Plattitüde, sondern so erwiesen wie der Satz des Pythagoras. Es heißt immer, dass gerade in Deutschland – und in Berlin mit seiner hohen Kinderarmut im Besonderen – die Herkunft eines Kindes über seinen späteren Karriereweg entscheidet. Das ist richtig. Doch in die Schule geht zunächst jeder, egal ob er aus gutbürgerlichen oder Hartz-VI-Verhältnissen stammt.

Und genau hier, in den ersten Schuljahren, müssen die Verantwortlichen ansetzen, wenn sie verhindern wollen, dass Kinder zu notorischen Schulschwänzern werden. Bei den 0,3 Prozent Schülern aus der 5. und 6. Klasse, die im vergangenen Schuljahr mehr als 20 Tage unentschuldigt im Unterricht fehlten. Denn wenn sie in die Pubertät kommen, ist es meist schon zu spät. Dann droht eine Suspendierung, irgendwann der Schulabbruch. Kein Abschluss und schlechte Aussichten.

Das Stichwort lautet Prävention. Natürlich ist es, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) sagt, abschreckend, wenn die Eltern einen Bußgeldbescheid über 2500 Euro bekommen. Aber klar ist auch: Solche Bescheide gehen oft an die sozial Schwächsten, die sowieso nicht zahlen können. Wie abschreckend kann das sein?

Weil Prävention aber zeit- und kostenaufwendig ist und deshalb in den letzten Jahren vernachlässigt wurde, auch weil es zu wenige Lehrer, zu wenige Mitarbeiter in Schul- und Jugendämtern und zu wenige Sozialarbeiter gab, wird Berlin noch brauchen, bis die Fehlquote in den Schulen wieder deutlich sinkt. Bis dahin sollten die Bezirke weiter versuchen, gemeinsame Modelle zu entwickeln, voneinander zu lernen und sich noch mehr auf die jüngsten Schüler konzentrieren. Natürlich müssen die Bezirke auch weiter Bußgelder verhängen, aber sie dürfen immer nur der letzte Schritt sein.