Berlin. Bei einem Polizeieinsatz in einer Flüchtlingsunterkunft im Jahr 2016 starb ein 29-Jähriger. Bis heute ist umstritten, wie es dazu gekommen ist.

Rund siebeneinhalb Jahre nach einem tödlichen Polizeieinsatz in einer Flüchtlingsunterkunft in Moabit (Mitte) ist die Witwe des erschossenen Asylbewerbers mit einer Klage gegen das Land Berlin gescheitert. Das Landgericht Berlin hat ihre Forderungen zurückgewiesen, wie eine Gerichtssprecherin am Mittwoch nach dem zweiten Verhandlungstermin auf Anfrage mitteilte. Gründe, warum die Klage in dem Zivilprozess abgewiesen wurde, konnte die Sprecherin zunächst nicht nennen.

Die Frau des getöteten Familienvaters hatte insgesamt mindestens 20.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen entgangener Unterhaltszahlungen für ihre drei Kinder im Alter von 10, 14 und 15 Jahren gefordert. Ihr 29 Jahre alter Mann war am 27. September 2016 infolge eines Polizeieinsatzes in der Gemeinschaftsunterkunft gestorben.

Vater stürzt sich auf Täter – Polizisten schießen auf ihn

Kriminaltechnische Mitarbeiter der Berliner Polizei untersuchen im Jahr 2016 einen Tatort vor der Traglufthalle einer Flüchtlingsunterkunft in der Kruppstraße in Berlin-Moabit.
Kriminaltechnische Mitarbeiter der Berliner Polizei untersuchen im Jahr 2016 einen Tatort vor der Traglufthalle einer Flüchtlingsunterkunft in der Kruppstraße in Berlin-Moabit. © picture alliance / dpa | Gregor Fischer

Zu dem Polizeieinsatz war es gekommen, weil ein Mitbewohner die sechsjährige Tochter des später Getöteten missbraucht hatte. Als der Täter bereits im Polizeiwagen saß, stürzte sich der Vater auf ihn – laut Polizei mit einem Messer. Mehrere Beamte zogen ihre Waffe und schossen auf ihn. Er starb wenig später. Der Mann, dessen Handeln den Einsatz ausgelöst hatte, wurde zwischenzeitlich abgeschoben. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte ihn 2017 wegen sexuellen Missbrauchs zu einem Jahr und acht Monaten Haft auf Bewährung.

Gegen drei an dem Einsatz beteiligte Polizisten wurde nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft wegen Totschlags ermittelt. Im Mai 2017 wurde das Verfahren nach Behördenangaben eingestellt mit dem Verweis auf Notwehr und Nothilfe. Die Witwe des Mannes ging dagegen juristisch vor und zog bis vor den Berliner Verfassungsgerichtshof. Nachdem ihre Verfassungsbeschwerde Erfolg hatte, ist erneut das Kammergericht gefragt.

Bis heute bestehen Zweifel daran, dass der Mann bewaffnet war. Im Zivilprozess sagten mehrere Polizisten aus, kein Messer gesehen zu haben. Die Polizisten, die im Fokus der strafrechtlichen Ermittlungen stehen, machten von ihrem Recht Gebrauch, zu schweigen. dpa