Berlin. Jim Kerr und Charlie Burchill performen ein energiegeladenes Set in der Uber Arena. Simple Minds füllen wieder die großen Arenen.

Beinahe andächtige Stimmung herrscht beim Intro von „Belfast Child“ mit dem andächtigen Flötensolo. Jenem Song von den Simple Minds, der vom heute fast vergessenen Nordirland-Konflikt handelt. Alle erheben sich von ihren Plätzen, während Jim Kerr die traurige Ballade eindrucksvoll anstimmt. Ein Klassiker der Rockgeschichte, der nach fast 35 immer noch nichts von seiner Kraft verloren hat. Grandios in Schwarzweiß auf den bis zur Decke gehenden Videowalls bebildert. Ein Moment für die Ewigkeit

Dabei hat das Konzert der Simple Minds zunächst heiter begonnen. Mit dem leutselig plaudernden Frontmann Jim Kerr, der die Zuschauer in der Uber Arena ziemlich ausufernd begrüßt. Der Sänger witzelt angesichts seiner recht langen Moderation, das Publikum könnte denken, er sei in seinem Alter schon nach drei, vier Songs so fertig, dass er kurz verschnaufen müsse. Aber keine Sorge, er rockt die Bühne mit 64 immer noch. Wenn auch etwas verhaltener als auf dem Peak seiner Karriere. Seine raumgreifenden, messianischen Gesten hat er aber immer noch locker drauf.

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Mit über 60 Millionen verkaufter Tonträger in über 40 Jahren gehören die Simple Minds zur Topliga des Rocks. In den 80er- und 90er-Jahren zählten die Schotten zu den Stadiongiganten. Doch in den Nullerjahren ging es mit dem Erfolg bergab. Die Alben verkauften sich schlecht und zeitweise hatte die Band nicht mal mehr eine Plattenfirma.

Simple Minds mit Live-Qualitäten und viel Tanzbarem

Vergessen und vorbei. Längst füllen sie wieder die großen Arenen mit ihrem Mix aus Rock, Elektro-Sounds, Punk und einer Prise Folk. Aber es ist nicht nur der meist zeitlos gute Sound ihrer frühen Alben, der das Berliner Konzert zu einem erstklassigen macht, sondern vor allem die Live-Qualitäten der Band. Mittlerweile zu siebt, liefert die Formation um die Gründungsmitglieder Jim Kerr mit seiner unverwechselbaren Stimme und Gitarrist Charlie Burchill mit seinen schillernden Riffs eine Show voller Energie.

Die Jahrzehnte alten Songs beschwören dabei den Geist der Achtziger. Manch einer der mitgealterten Fans wähnt sich hüftschwingend glatt in seine Jugend zurückgebeamt. Und die Simple Minds zeigen, dass sie in der Post-Punk-Ära viel Tanzbares zu bieten haben.

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Die Band startet anfangs elektrisierend mit „Waterfront“ und „Love Song” durch, wobei der New Wave durch den knallenden Rhythmus schimmert. Charterfolge wie „Promised You a Miracle“, „Glittering Prize“ und „Someone Somewhere (In Summertime)“ folgen später. Ganz andere Töne gibt es beim Schlagzeug-Solo von Cherisse Osei auf die Ohren. Sie nennt es schlicht „Girl-Power“.

Während das unvermeidliche „Alive and Kicking“ erst im Zugabenteil folgt, endet der offizielle Teil des Abends mit „Don’t You (Forget About Me)“, dem größten Hit Simple Minds. Vom Publikum rund zehn Minuten lang mit voller Eighties-Party-Power ausgiebig zelebriert. Was schön nostalgisch stimmt.