Berlin. Das Biopic „Back to Black“ über Amy Winehouse ist zwar stark gespielt, enttäuscht aber dennoch. Trotz der vielen Songs von ihr.

Jedes Biopic über eine Ikone der Pop-Musik befindet sich in einer Zwickmühle: Je beliebter der Sänger oder die Musikerin war, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Fans den Film hassen werden. Über Sam Taylor-Johnsons Film „Back to Black“ über das Leben und Sterben der fürwahr einzigartigen Amy Winehouse ergingen bereits Shitstorm-Wellen, noch bevor er abgedreht war.

Schon im Vorfeld gab es wütende Reaktionen

Die einen empörten sich darüber, dass Amys Vater Mitch gestattet hatte, Krisenszenen ihres Lebens an Originalorten wie Amys Wohnung in Camden zu filmen. Andere fanden es entwürdigend, dass ihre Beerdigung nachgestellt wurde. Und als im Februar der erste Trailer die Schauspielerin Marisa Abela dabei zeigte, wie sie einen der Songs von Winehouse‘ Debütalbum „Frank“ nachsang, steigerten sich manche gar in persönliche Beleidigungen von Abela hinein.

Dabei kann die britische Darstellerin, bislang allenfalls durch eine Rolle in der Serie „Industry“ aufgefallen, noch am wenigsten dafür, dass „Back to Black“ dem Genius der 2011 im Alter von 27 Jahren verstorbenen Amy Winehouse nicht gerecht wird. Man kann ihr schlecht vorwerfen, dass sie verglichen mit dem Vorbild eher dem gewöhnlichen Schönheitsideal entspricht.

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Regisseurin Sam Taylor-Johnson, die Angriffe schon seit ihrem John Lennon-Biopic „Nowhere Boy“ kennen müsste und auch bei der Adaption von „50 Shades of Grey“ Erfahrung mit verbittert argumentierenden Vorlage-Anhängern sammeln konnte, wählt im Fall von „Back to Black“ den Ausweg in die Subjektivität.

Der Film als bloße Illustration der einschlägigen Songs

Der Film will von Amys Leben vor allem aus der Perspektive Amys erzählen. Da Winehouse dafür bekannt ist, ihr Erleben ganz unmittelbar in ihre Musik und in ihre Texte einfließen zu lassen, wirkt das Biopic über weite Stellen wie eine Illustration zu Vorkommnissen, die man aus den einschlägigen Songs kennt: „They tried to make me go to rehab, but I said, No, no, no...“ Alles andere wird ausgeblendet.

Statt zu bereichern, weil mit der Perspektive Amys auch die Beweggründe für ein dermaßen selbstdestruktiv geführtes Leben deutlich würde, hinterlässt „Back to Black“ aber eher den Eindruck einer Anhäufung von Leerstellen. Trotz der vielen Songs, die vorkommen, und trotz der Originalorte, an denen gedreht wurde.

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Verheerende Beziehung: Amy und Blake (Jack O‘Connell).
Verheerende Beziehung: Amy und Blake (Jack O‘Connell). © Studiocanal | Studiocanal

So wird zwar die Familie Winehouse und ihre Vorliebe für Jazz geschildert, aber rund um Amy herum tauchen kaum Musiker auf. Die immer anrührende Leslie Manville verkörpert Amys Großmutter als glaubwürdiges Vorbild mit einem empfindsamen Ohr für die Liebesnöte Amys. Eddie Marsan gibt ein demonstrativ beschützendes und der Tochter zugewandtes Porträt von Vater Mitch, gegen das der echte Mitch Winehouse sicher keine Einwände hat.

Alkoholismus bloß als Gemeinplatz für Liebesschmerz

Im Fall von Asif Kapadias oscar-prämierten Dokumentarfilm „Amy“ aus dem Jahr 2015 war das noch anders gewesen. Seinerzeit hatte Mitch Winehouse heftig gegen den Film polemisiert, weil er sich angeblich zu stark auf die Drogensucht seiner Tochter konzentrierte. In „Back to Black“ findet sich das Thema Alkoholismus nun wieder reduziert auf den Gemeinplatz einer tragischen Ausflucht vor Liebesschmerz.

Und die verheerende Geschichte von Amys zwischen Verliebtsein und Obsession schwankender Beziehung zu Blake (Jack O‘Connell) liefert den Plot für ein recht simples Melodrama. Dabei hört man den Songs doch so viel mehr an berührender, fesselnder Widersprüchlichkeit an – der Film kann da nicht mithalten.

Biopic, GB 2024, 123 min., von Sam Taylor-Johnson, mit Marisa Abela, Eddie Marsen, Jack O‘Connell, Lesley Manville