Berlin. Auf ihrer Open-Air-Tour machen Simply Red Halt in der Zitadelle Spandau und verbreiten mit ihrem sanften Reggae-Rhythmen Karibik-Flair.

Wohlige Atmosphäre ist garantiert, wenn Mick Hucknall seine Welthits auf unverwechselbare samtig-soulige Weise anstimmt. Ganz besonders beim schmusig gesäuselten "Holding Back The Years". Früher mal der Trennungs- und Herzschmerz-Song Nummer Eins. Heute Nostalgie pur. Doch Simply Red können das Tempo live durchaus anziehen, wie sie immer wieder beweisen. "Let's Go On Holiday", fordert der 63-Jährige das Publikum auf, während Simply Red mit sanften Reggae-Rhythmen Karibik-Flair verbreiten. Palmen und Meer fehlen zwar dabei, aber die hohen Temperaturen können locker mit tropischen Gefilden mithalten.

Die Vorfreude kurz vor dem Auftritt der Engländer war so groß, dass vorab schon Songs auf Smartphones abgespielt wurden. Und tatsächlich werden die Zuschauer mit einem mitreißenden Konzert belohnt. Obwohl es unter freiem Himmel an diesem Sommerabend noch sehr heiß ist, wippen und tanzen die meisten in der rappelvollen Zitadelle Spandau mit. Unter den Zuschauern sind viele ältere Semester. Für sie sind die knapp zwei Dutzend Songs so etwas wie der Soundtrack ihres Lebens. Daher wird vergnügt in seligen Erinnerungen geschwelgt.

Simply Red in Berlin: Mick Hucknall verlässt sich auf seine zahlreichen Hits

Noch im November hatten die Briten in der Mercedes-Benz Arena auf ihrer „Blue Eyed Soul“-Tour Station gemacht, benannt nach ihrem 2019er-Album. Von den neuen Songs war damals wenig zu hören. Auf ihrer Open-Air-Tour mit zwölf Terminen in Deutschland haben Simply Red mit „Time“ eigentlich einen brandneuen Longplayer am Start. Doch auch davon gibt es nur sehr wenige Songs. Darunter der Opener "Better With You". Ansonsten gehen Mick Hucknall und die sechsköpfige Band lieber auf Nummer Sicher und verlassen sich auf ihre zahlreichen Hits, die längst zu Klassikern avanciert sind. In den Achtzigern bis in die Neunziger kam schließlich niemand an Songs wie "Fairground" vorbei, die auch heute noch in schöner Regelmäßigkeit im Radio zu hören sind.

Live indes haben bekannte Titel wie „Something Got Me Started" und „If You Don’t Know Me By Now“ definitiv eine andere Qualität. Der Mix aus Soul, Funk, Pop, Reggae und R&B hat einen satten, tanzbaren Groove. Dabei erweist sich das alte Songmaterial spannender als das neue. Wie "Thrill Me" mit einem gefühligen Saxophon-Solo beweist. Cooler und richtig funky wird es mit "Just Like You".

Am höchsten im Kurs stehen aber die Midtempo-Balladen wie "Mirror" und "Stars". Schmelzend und soft, hart am Rande des Kitschs, ist letzterer einer der Lovesongs, bei denen wirklich alle mitgehen. Der Abend endet mit dem größten Hit von Simply Red: "If You Don't Know Me By Now". Ein starker Schlussakkord.