Berlin. Die Schließung von drei Galeria-Standorten trifft Berlin hart. Politiker zeigen sich überrascht und bestürzt. Die Reaktionen.

Berlins WirtschaftssenatorinFranziska Giffey (SPD) äußerte sich gespalten über die Nachrichten für die Berliner Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof (GKK). „So bitter die Schließungsentscheidung für die drei Berliner Standorte ist, so erleichtert bin ich dennoch darüber, dass es für insgesamt sechs von neun, also für zwei Drittel der GKK-Kaufhäuser in unserer Stadt eine Zukunftsperspektive gibt“, sagte Giffey. Das gilt für die Standorte Alexanderplatz, Schloßstraße, Tegel, Kurfürstendamm und Hermannplatz, sowie das Kaufhaus an der Müllerstraße, das derzeit geschlossen ist und umgebaut wird. „Es wird jetzt die Aufgabe der Investoren sein, mit guten Konzepten die Attraktivität dieser Häuser zu steigern und Kundinnen und Kunden dauerhaft zu gewinnen und zu halten.“

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey auf einer Pressekonferenz.
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey auf einer Pressekonferenz. © Bernd von Jutrczenka/dpa/Archivbild | Unbekannt

Von den Schließungen in Berlin sind Giffey zufolge 182 Beschäftigte betroffen. „Die Nachfrage nach Fachkräften im Berliner Einzelhandel ist aber derzeit enorm. Mehrere tausend Stellen sind unbesetzt und der Handelsverband bietet für die Kaufhaus-Beschäftigten Vermittlungsmöglichkeiten über eine eigens eingerichtete Online-Plattform an“, sagte die SPD-Politikerin weiter. Dennoch sei die Situation für die Beschäftigten ein „tiefer Einschnitt“; viele hätten 20 Jahre oder länger an den Standorten zusammengearbeitet. „Für sie muss es gute und verlässliche Übergangsregelungen geben, hier ist das Unternehmen in der Pflicht.“

Mit Blick auf die Zukunft der Filialen in Spandau, Tempelhof und dem RingCenter erklärte sie: „Eine wichtige Frage ist zugleich, welche Pläne die Eigentümer der Immobilien der drei schließenden Kaufhäuser nun verfolgen. Darüber wollen wir mit der Versicherungskammer Bayern als Eigentümerin der Immobilien in Spandau und Tempelhof und der Becken Development GmbH als Eigentümerin des Hauses am RingCenter möglichst bald sprechen und dabei natürlich auch die Bezirke einbinden. Es ist unser gemeinsames Interesse, dass es dort nicht zu längerem Leerstand kommt.“

Tempelhof-Schönebergs Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) zeigte sich am Sonnabend von der nun endgültigen Schließung der Tempelhofer Karstadt-Filiale überrascht und enttäuscht. „Das ist ein schwerer Schlag für Tempelhof-Schöneberg“, so Oltmann auf Nachfrage. Die insolvente Signa-Gruppe habe klar Wortbruch begangen, da sie nicht wie angekündigt in die Berliner Standorte investierte und sie modernisierte. „Die Umsätze waren in Ordnung, um den Standort zu halten“, sagte Oltmann. Er wolle „den Kampf aber noch nicht aufgeben“. Am Montag wolle er Gespräche mit der Senatswirtschaftsverwaltung, dem Standort-Eigentümer sowie dem Betriebsrat aufnehmen. „Es geht auch um die Mitarbeiter, die jetzt eine Perspektive brauchen“, sagte Oltmann. Er wolle sich dafür stark machen, dass am Platz wieder ein Einkaufszentrum entstehe und bei der Suche nach einem Nachmieter zu unterstützen.

Jörn Oltmann (Grüne) ist seit 2021 Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg.
Jörn Oltmann (Grüne) ist seit 2021 Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Der Galeria Karstadt Kaufhof führte seit Jahrzehnten zur Belebung des Tempelhofer Damms. Laut Jörn Oltmann habe er Kunden an die Hauptverkehrsroute gebracht, von denen auch das Einkaufszentrum Tempelhofer Hafen profitierte. „Dabei lebten die beiden Häuser nie in Konkurrenz, sondern ergänzten sich“, sagte Oltmann.

Überrascht zeigte sich am Sonnabendmittag auch Marijke Höppner, SPD-Fraktionsvorsitzende in Tempelhof-Schöneberg. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagte Höppner. „Der Standort am Tempelhofer Damm ist einer von denen, der schwarze Zahlen schreibt.“ Den Tempelhofer Damm habe sie zuletzt als „funktionierende Einkaufsstraße“ wahrgenommen. Welche Folgen die Schließung haben könnte, vermochte sie so kurz nach Bekanntwerden der Schließung noch nicht zu sagen.

Für Hagen Kliem, den wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion Tempelhof-Schöneberg, kommt die Schließungsnachricht einer Zäsur gleich: „Der Karstadt war immer prägend für die Geschichte des Tempelhofer Damms. Dieser Teil stirbt nun“, so Kliem. Der Kaufhausstandort hätte dabei selbst eine lange Geschichte gehabt. Besonders tragisch aber finde er den Verlust der Arbeitskräfte.

Auch mit Blick auf den Stadtentwicklungsaspekt sei die Schließung fatal. „Die Entwicklung der Neuen Mitte Tempelhof mit Hunderten Wohnungen war immer zusammen mit dem Karstadt gedacht. Das hat sich damit erledigt“, sagte Kliem.

Lichtenbergs erster CDU-Bezirksbürgermeister Martin Schaefer. Er kommt aus Gütersloh, lebt seit fast 20 Jahren in Lichtenberg
Lichtenbergs erster CDU-Bezirksbürgermeister Martin Schaefer. Er kommt aus Gütersloh, lebt seit fast 20 Jahren in Lichtenberg © Unbekannt | BA Lichtenberg/ Krostitz

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU) reagierte mit Unverständnis auf das Aus für das Warenhaus im Ringcenter: „Ich bin entsetzt über die Pläne zur Schließung der Lichtenberger Filiale und kann die Entscheidung dazu nicht nachvollziehen.“ Die Filiale befinde sich direkt an U-Bahnhof und Ringbahn und sei ein idealer Standort für die Nahversorgung der umliegenden Wohngebiete. „Als Bezirk unterstützen wir, wo wir können, um lebendige Center zu erhalten“, versicherte Schaefer mit Blick darauf, dass das Kaufhaus der größte Mieter in dem Einkaufszentrum ist. Zugleich forderte er den Handelskonzern auf, für die betroffenen Beschäftigten Alternativen zu schaffen und sozialverträgliche Lösungen zu finden.

Martin Schirdewan, Bundesvorsitzender der Partei Die Linke.
Martin Schirdewan, Bundesvorsitzender der Partei Die Linke. © Bernd von Jutrczenka/dpa | Unbekannt

Martin Schirdewan, Parteivorsitzender der Linken, sprach bei der Schließung der 16 Galeria-Standorte von „schwerwiegenden Nachrichten“, vor allem für die Beschäftigten. Ihnen müsse die erste Sorge gelten. „Ich hoffe, dass sozialverträgliche Lösungen für die Beschäftigten gefunden werden und dass deren Weiterbeschäftigung, wenn vielleicht auch in anderer Form, gesichert wird. Das muss das erste Interesse sein“, sagte Schirdewan der Berliner Morgenpost.

Daneben sprach er die wichtige Rolle der Kaufhäuser in den Bezirken an, die auch Orte der Begegnung seien. „Ich plädiere deshalb sehr dafür, dass die Standorte weitergeführt und durch die öffentliche Hand übernommen werden, um sie für die Stadtbezirke zu erhalten.“ Zwingend sei es dabei nicht, dass es weiter eine kommerzielle Nutzung mit Verkaufstätigkeit in den Häusern gibt. „Es können auch Orte werden, wo Begegnungsstätten geschaffen werden, wo Kultur stattfindet, was auch eine Perspektive für die Beschäftigten sichern würde“, so Schirdewan.