Berlin. Als er noch arbeitete, war an Schlaf ein rares Gut, schreibt Kolumnist Dieter Puhl. Als Rentner verhält sich das anders.

Als Kind und als Jugendlicher brauchte in keinen Mittagsschlaf. Hatte ich keine Schule, schlief ich manchmal einfach bis nachmittags durch. Ich habe das sehr genossen. Als Erwachsener waren diese paradiesischen Zeiten vorbei, der Ernst des Lebens und so. Das Berufsleben nötigte mir meist frühes Aufstehen ab. Oft stand ich schon um fünf Uhr auf, manchmal früher. Die Tage waren lang, oft arbeitete ich bis 23 Uhr. Ins Bett wollte ich danach auch nicht sofort.

Der Schlaf also war ein wertvolles, rares Gut. Und speziell der Mittagsschlaf wurde zum totalen Luxus. Eine kurze Auszeit. Berufstätig bin ich nicht mehr, wie aber verhält sich das nun als Rentner? Alles ist noch etwas durcheinander und muss sich neu einpendeln! Ich habe ja aber Zeit. Und dann kam vor knapp einer Woche noch zusätzlich die Umstellung auf die Sommerzeit.

Mittagschlaf und essen – für beides reichte die Mittagspause nicht

Ich glaube, es war 1990, ich arbeitete nach meinem Studium zum Sozialpädagogen im Bezirksamt Wedding in der Beratungsstelle für behinderte Menschen. Eine spezieller Arbeitsplatz war so ein Bezirksamt damals. Es hatte ein eigenes Leben, war ein ein Biotop, Kafka hätte seine Freude gehabt. Die damalige Stadträtin war von der Alternativen Liste, das Wohl aller war ihr wichtig. Sie ließ einen Ruheraum für die Mitarbeitenden des Gesundheitsamtes einrichten. Politik und Zeitgeist waren damals eben anders. Ein Anhänger des Ruheraums war ich nicht. Mehr als der Schlaf lockte mich mein Hunger. Essen und Schlafen bekam ich in der Mittagspause nicht unter einen Hut.

Es heißt, Menschen sollten mittags fünf bis 20 Minuten schlafen, und das regelmäßig. Man soll dabei dabei aber nicht in den Tiefschlaf fallen. Mediziner forschen seit langem zu diesem Thema. In südlichen Ländern sind lange Mittagspausen üblich, ich kenne das auch von Kreta. Wenn es heiß ist, sind im Sommer für zwei Stunden alle Straßen leer. Dafür aber arbeitet man abends länger. Und Mittagsschlaf ist gesund. Neben der Entspannung und dem Wohlfühleneffekt, heißt es, verringere er die Gefahr von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

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Drohte in späteren Jahren der Arbeitstag mit 15 Stunden zu lang zu werden, half es mir, für einige Minuten auf dem Stuhl sitzend die Füße auf den Schreibtisch zu legen. 15 Minuten das Licht aus, das Telefon leise, die Tür zu … Ich fand das durchaus bequem und es half mir. Meine Kolleginnen und Kollegen in der Bahnhofsmission am Zoo nahmen lächelnd Rücksicht. Und anschließend gab es eine Tasse Kaffee und ein Stück Torte: Zucker fürs Hirn. Theoretisch hätte ich mir einen Wecker stellen können, wegen der 15 Minuten. Stattdessen beherzigte ich aber einen Tipp und nahm einen Bleistift in die Hand. Bis er halt runterfiel. Das war genau der Zeitraum bis zum Tiefschlaf – dann war ich wieder wach und rutschte nicht restlos weg.

Nachts hilft beim Einschlafen der Fernseher

Kann ich nachts nicht schlafen, ist mir der Fernseher eine gute Einschlafhilfe. „Die Prachtbauten der Nationalsozialisten“ sind mit gut vertraut, über Jahre fuhr ich auch im rbb mit der S Bahn alle Strecken ab. Nur das „Aquarium im Fernsehen“ war mir selbst zum Einschlafen zu langweilig. Ich bin übrigens sicher, andere handhaben das auch so. Ich sehe es, wenn um drei Uhr nachts die Fernseher in den gegenüberliegenden Wohnungen flackern. Meist sind es die Wohnungen von alten oder noch älteren Menschen. Haben Sie da eine Hitliste der Sendungen? Mir ist der Fernseher angenehmer als Schlaf- oder Beruhigungsmittel.

Der Mittagsschlaf ist für mich als Rentner momentan wie eine Belohnung für mich. Eine wohlverdiente Auszeit, habe ich anstrengend gearbeitet. Verstehen Sie mich bitte richtig, ich genieße das sehr mit dem Müßiggang als Rentner , weiß mich als Privatier durchaus zu beschäftigen, bin ausgefüllt. Arbeit aber ist etwas anderes. Wovon soll ich mich erholen, wenn ich ununterbrochen Urlaub habe?