Berlin. Falsche Taxis am BER, Stress in der Bahn: Zurück aus dem Urlaub erwartet einen Chaos wie immer. Aber es gibt auch berührende Momente.

Manchmal ist es ja so: Man verreist, kommt wieder – und schaut von der ersten Minute auf Berlin wie in einen Spiegel. Diesmal empfing mich am Flughafen BER eine wahre Flut von Anzeigen und Schildern. An der Gepäckrückgabe sagten mir Monitore voraus, ich würde 60 bis 90 Minuten auf meinen Koffer warten. Rundherum waren mannshohe Hinweise plakatiert: „Please note, legal taxis waiting outside the terminal“.

Die Hinweisschilder auf Englisch davor warnen, am Taxis am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) in ein illegales Taxi einzusteigen.
Die Hinweisschilder auf Englisch davor warnen, am Taxis am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) in ein illegales Taxi einzusteigen. © BM (ANGEBEN) | Uta Keseling

Die Hinweisschilder auf Englisch sollten Berlin-Gäste wohl davor warnen, vor dem Flughafen in ein illegales Taxi einzusteigen. Aber ob Unwissende das so verstehen? Mit der routinierten Genervtheit des gelernten Hauptstädters interpretierte ich die Informationsflut eher so, dass es am BER genauso so läuft wie überall in Berlin: Bei Problemen hängt man einfach achtsame Schilder auf, statt die Missstände zu beseitigen. Weil, Missstände gehören zur Berlin-Folklore ja auch dazu. Oder so.

Fehlt eigentlich nur noch, dass der BER samt seiner Dauerprobleme zum Weltkulturerbe erklärt wird, dachte ich, doch da kamen die Koffer. Nach nur zehn Minuten, nicht nach 90 – sorry, BER, das reicht nicht fürs Weltkulturerbe! Mein Hauptstadt-Ich war regelrecht enttäuscht. Der andere Teil freute sich auf Zuhause.

Bahn will das Gefühl vermitteln, dass Reisende sicher sind

Am Montag führte mich mein erster Termin zum Ostbahnhof. Das Thema: Wie die Bahn Reisenden das Gefühl vermitteln will, dass sie sicher unterwegs sind. Der Trick, las ich in der Ankündigung, sei Kommunikation. Interessante Idee, aber ob das funktioniert?, fragte ich mich, als mich ein Wortwechsel ablenkte. Ich saß in der U8, vor mir pampte ein Mann im Rollstuhl einen anderen an, der direkt vor ihm die Fahrgäste nach „Spenden“ fragte. Als eine dritte abgerissene Gestalt lauthals eine Litanei anstimmte, in der ebenfalls das Wort Spende vorkam, lief der rollstuhlfahrende Bettler rot an. Auch der zweite Konkurrent schaute erbost. Dann mischte sich ein Mann ein, der mir gegenüber saß.

Als Hauptstadtmensch weiß man ja, wann es Zeit ist, aus dem Weg zu gehen, zumal in der berüchtigten U8. Aber die Auseinandersetzung blieb aus. Der Mann auf der Sitzbank fragte den Rollstuhlfahrer einfach, wie es ihm gehe. Der wiederum antwortete, sichtlich erfreut über das Interesse an seiner Person. Und ließ seine Konkurrenten kampflos ziehen.

An der Jannowitzbrücke musste ich umsteigen. Der U- und S-Bahnhof mit seiner chaotischen Dauerbaustelle gehört ja auch zu den Hauptstadt-Herausforderungen. Ein schwitzender Mann im Anzug und mit Aktentasche rannte vor mir hektisch zum Fahrstuhl. Vor mir begleitete der Mann von der Sitzbank den Rollstuhlfahrer aus dem Bahnhof – und drückte ihm nach einem sichernden Rundumblick noch etwas in die Hand. Dieser bedankte sich überschwänglich und versprach, irgendwann zu bezahlen. Ich vermute, die Gabe war nichts Legales. Trotzdem vermittelte mir die Szene, irgendwie „sicher“ zu sein, selbst in der U8. An der Sache mit der Kommunikation könnte vielleicht etwas dran sein, überlegte ich. Wenn das Herz mit dabei ist.

„Messer und so, lass es einfach“

Auf dem Rückweg diskutierten am U-Bahnhof Kottbusser Tor zwei junge Männer, es fielen die Worte „Messer“ und „Waffen“ und ich schaute schon nach dem Sicherheitspersonal. Doch sagte der einem zum anderen: „Bruder, wenn man wütend ist, liegt meistens gar nicht an den anderen, sondern an dir selbst, an deiner eigenen Situation“, redete der eine auf den anderen ein. „Du hast dich geärgert, es ist dir was Schlimmes passiert, okay, dann kommt diese Wut. Aber Stress mit anderen bringt dir dann gar nichts, Bruder. Rede lieber mit jemandem. Messer und so, lass es einfach.“ Eine BVG-Durchsage unterbrach leider den Dialog, dem ich gern weiter gefolgt wäre. „Zugverkehr unregelmäßig!“, tönte es aus den Lautsprechern. Und die U-Bahn kam dann trotzdem sofort. Okay, Berlin, dachte ich, ich mag dich doch, irgendwie.