Berlin. Die Berliner Umweltsenatorin Manja Schreiner stellt aktuelle Zahlen vor – und gibt einen Ausblick auf Neuerungen im Mischwaldprogramm.

Mit etwa 18 Prozent Waldanteil gehört Berlin zu den grünsten Metropolen Europas. Das Problem ist nur: Der Bestand ist nicht vielfältig genug. Rund 60 Prozent aller Bäume in den Wäldern der Hauptstadt sind Kiefern. Das seit 2012 laufende Mischwaldprogramm soll das ändern. Die aktuellen Ergebnisse hat Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) am Mittwoch vorgestellt. 545.000 Laubbäume wurden demnach in den vergangen vier Monaten in den Berliner Wäldern gepflanzt. 100 Hektar neuer Mischwald wurden so geschaffen. Auf diese Zahl ist sie „stolz“, sagte Schreiner am Mittwoch im Revier Müggelheim, das zum Forstamt Köpenick gehört. Es sei wichtig, „den brand- und sturmgefährdeten Kiefernwald“ klimaresilient aufzustellen, „indem Laubwald untergemischt wird.“

Doch das Mischwaldprogramm soll auch weiterentwickelt und angepasst werden. Eine Neuerung: Künftig sollen nur noch reine Kiefernwaldbestände für die Holzernte genutzt werden dürfen. Von einem definitionsmäßig reinen Kiefernbestand wird gesprochen, wenn der Laubholzanteil bei maximal zehn Prozent liegt, erklärt Gunnar Heyne, Chef der Berliner Forsten. Die Entscheidung nur noch hier zu fällen, wird voraussichtlich aber auch dazu führen, dass es weniger Flächen gibt, auf denen neue Laubbäume angepflanzt werden könnten. Ein Widerspruch mit Blick auf das Mischwaldprogramm?

Weniger ist mehr: Neuerungen im Berliner Mischwaldprogramm

Heyne wiegelt ab. „Wir sollten aufhören, uns was vorzumachen“, sagt er. „Wir werden mit dem Mischwaldprogramm, so gut es ist, nicht die Welt retten.“ Der Grund: Die Zeithorizonte, mit denen ein Forstwirt rechnen muss, sind lang. Der Umbau eines Waldes brauche seine Zeit: „Da sind wir ganz schnell bei an die tausend Jahre“, so Heyne. Er hält es für falsch zu suggerieren, mit einem Mischwaldprogramm wären in zehn Jahren alle Probleme gelöst. „Wir sollten ehrlicher werden“, fordert er. Es gelte, mehr auf die Selbstregulierungskräfte des Waldes zu setzen und diese forstwirtschaftlich zu begleiten, statt zu sehr aktiv einzugreifen. In der Zeit, die durch die reduzierte Holzfällung entstehen wird, könnten sich die Förster künftig mehr um die Pflege des Erholungswaldes kümmern, so Heyne.

Das klingt nach „weniger ist mehr“. Und dieser Eindruck setzt sich fort: Die schon in der Vergangenheit reduzierten Vorgaben für die Holzernte wurden noch einmal heruntergeschraubt. Der ursprüngliche Einschlagsplan in der vergangenen Hiebsperiode im Dezember, Januar und Februar sah vor, dass 100.000 Kubikmeter Holz geerntet werden sollen. Doch schon die zuständige Staatssekretärin der Vorgängerregierung habe ein Moratorium verordnet: Nur maximal 40 Prozent sollten geerntet werden. Entsprechend beläuft sich die Ernte in der vergangenen Saison auf 40.000 Kubikmeter Holz, rechnet Heyne vor. „Und jetzt hat mich Frau Behrendt“, gemeint ist Britta Behrendt, Staatssekretärin für Klimaschutz und Umwelt in Berlin, „mit einer neuen Zahl überrascht und die heißt 10.000“. Künftig sollen pro Saison also nur noch 10.000 Kubikmeter Holz geerntet werden.

Mischwaldprogramm wissenschaftlich überprüfen

Gefällt werden solle nur noch, wenn es ­– etwa im Rahmen des Mischwaldprogramms – nicht anders möglich ist. „Alles andere lassen wir bitte erstmal sein“, so fasst Heyne die neue Ausrichtung zusammen. Insgesamt wolle man erst einmal eine Pause einlegen, um gemeinsam mit der Wissenschaft zu erörtern, ob das bisherige Vorgehen sinnvoll war und wie es weitergehen soll. Auch das Mischwaldprogramm kommt dabei auf den Prüfstand. Man müsse sich fragen, wie man künftig allen Interessen, „insbesondere dem Interesse Erholungswald“ gerecht werden könne, sagte auch Senatorin Schreiner.

Die neue Ausrichtung des Mischwaldprogramms, insbesondere der Plan, weniger zu fällen, dürfte auch im Sinne der Klimaschützer vom BUND sein. Am Mischwaldprogramm kritisieren sie „die einseitige Ausrichtung auf die Verkündung einer möglichst hohen Zahl von Baumpflanzungen“. Das sei „blinder Aktionismus“. Statt im großen Stil Kiefern zu roden, um dann Laubbäume pflanzen zu können, fordern sie, dass Neupflanzungen nur dort vorgenommen werden, wo Bäume bereits abgestorben sind.

Azubi-Projekt: 10.000 Laubbäume für die Klimaanpassung

Hier gibt es nicht nur theoretische Überschneidungen zu der am Mittwoch präsentierten Neuausrichtung des Mischwaldprogramms – im Revier Müggelheim ist das, was der BUND fordert, bereits gelebte Praxis: Auf einem 0,2 Hektar großen Feld wurden 2500 neue Laubbäume gepflanzt. Das Besondere: Die Kiefern, die hier bislang standen, mussten nicht extra gefällt werden. Ein sogenannter Sanitär-Hieb besiegelte lediglich ihr natürliches Schicksal: Die Kiefern waren von einem pilzlichen Erreger befallen und waren schon abgestorben. So konnten auf der frei gewordenen Fläche zwischen einigen intakt gebliebenen, 151 Jahre alten Kiefern neue Laubbäume gepflanzt werden.

Diese Arbeit ist Teil eines Projekts von Auszubildenden der Berliner Forsten. Die insgesamt 22 Azubis, die in Berlin zu Fortwirten ausgebildet werden, wollen in jedem der vier Berliner Forstämter 2.500 neue Laubbäume pflanzen. Bis die neu gepflanzten Bäume groß genug sind, dass das Rehwild keine Gefahr mehr für sie ist, werden sie von einem Zaun geschützt. In zehn bis 15 Jahren wird dieser abgebaut. Dann haben die Bäume die nötige Höhe von 1,5 Metern erreicht. Dass es vergleichsweise lange dauert, bis sie ausreichend gewachsen sind, liegt an der Beschaffenheit des Bodens. Dieser besteht hauptsächlich aus Sand und Kies und hat entsprechend wenige Nährstoffe.