Berlin. Damit sich der Forschungsbereich des Helmholtz-Zentrums in Adlershof ausbreiten kann, muss nicht nur der Bebauungsplan geändert werden.

Seit mehr als 25 Jahren werden am Helmholtz-Zentrum an der Albert-Einstein-Straße in Adlershof rund um den Elektronenspeicherring Bessy II komplexe Materialsysteme erforscht, die etwa dazu beitragen, Herausforderungen wie die Energiewende zu bewältigen. Wichtige Forschungsthemen sind unter anderem Solarzellen, und Materialien, mit denen man eine neue energieeffiziente Informationstechnologie aufbauen kann. Doch nicht nur Bessy ist in die Jahre gekommen und soll durch ein deutlich leistungsfähigeres Nachfolgemodell ersetzt werden. Auch weitere Forschungseinrichtungen sind geplant. Doch es gibt ein kleines, 13 bis 29 Millimeter großes Problem.

Denn auf dem insgesamt 6,5 Hektar großen Areal, das in den Randzonen bislang noch unbebaut ist, fühlt sich die seltene Blauflügelige Ödlandschrecke wohl. Die unauffällige, graubraune Schrecke wird in Deutschland und der Schweiz auf der roten Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten geführt und steht in ganz Europa unter Schutz. Ihre hellblau gefärbten namensgebenden Hinterflügel werden allerdings nur ausdauernde Beobachter zu Gesicht bekommen. Wie die anderen Ödlandschrecken auch ist die Blauflügelige Ödlandschrecke wenig flugfreudig und vor allem an das Leben auf dem Boden angepasst und bewegt sich fast ausschließlich gehend fort.

In der Hauptstadt ist es für die Tierchen mit den langen und schmalen Flügel sowie den kurzen, dafür kräftigen Sprungbeinen, durch die Bebauung vieler Brachen zunehmend ungemütlich geworden. Heimisch ist sie nur noch an wenigen Standorten, darunter etwa am Biesenhorster Sand entlang des östlichen Bahn-Außenrings an der Bezirksgrenze zwischen Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg, am Windmühlenberg im Spandauer Ortsteil Gatow sowie im Naturpark Südgelände im Bezirk Tempelhof-Schöneberg.

So sieht der geänderte Bebauungsplan für das Helmholtz-Zentrum in Berlin-Adlershof aus.
So sieht der geänderte Bebauungsplan für das Helmholtz-Zentrum in Berlin-Adlershof aus. © Berliner Morgenpost Infografik/OSM | C. Schlippes

Damit die Forscher sich ausbreiten können, müssen die Insekten, die sonnige, warme Gebiete mit offenen Sandböden bevorzugen, nun zunächst ein eigenes Habitat bekommen. Das soll, wie aus der Präsentation zur notwendigen Änderung des Bebauungsplanes im Stadtentwicklungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hervorgeht, am Ernst-Ruska-Ufer liegen.

25 Jahre Wohnrecht auf 1150 Quadratmetern

Für die Herstellung einer rund 1150 Quadrtmeter großen Fläche am südlichen Rand des Geltungsbereichs des Bebauungsplans als „wärmebegünstigter Lebensraum“ als Ausgleich für den Lebensraumverlust der Blauflügelige Ödlandschrecke ist das ist Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) zuständig, heißt es auf Nachfrage der Berliner Morgenpost bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Ebenso wie für die Pflege der Fläche und das Monitoring, das 25 Jahre lang durchgeführt werden muss. Diese Maßnahme werde über einen städtebaulichen Vertrag sichergestellt.

Die anfallenden Kosten für das 25-jährige Wohnrecht der Schrecken beziffert das HZB nach aktuellem Stand auf 124.250 Euro. Eine jährliche Kostensteigerung von 2,5 Prozent zugrunde gelegt, würde sich die Summe am Ende der 25 Jahre auf 230.352 Euro belaufen. Damit ist die blauflügelige Ödlandschrecke noch ein vergleichsweise kostenschonender Mieter. Wie berichtet, müssen für den Bau von 2000 Wohnungen am Pankower Tor etwa 315 streng geschützte Kreuzkröten in ein neu zu schaffendes Ersatzhabitat umziehen. Kostenpunkt für den mittelgroßen Froschlurch: 23 Millionen Euro.