Berlin. Das Alice-Museum für Kinder im FEZ entwickelt Ausstellungen, die manche für nicht kindgerecht halten. Die Leiterin Lorenz widerspricht.

Wenn es um Angebote für Kinder und Jugendliche geht, ist das FEZ in der Wuhlheide eine tolle Anlaufstelle. Hier gibt es Kino, Theater, ein Raumfahrtzentrum, eine Schwimmhalle – und das Alice-Museum für Kinder. Dort wird alle zwei bis drei Jahre eine neue Ausstellung gezeigt, wobei immer wieder Themen im Vordergrund stehen, die manche für nicht kindgerecht halten.

Genau das macht den Reiz für Museumsleiterin Claudia Lorenz aus und motiviert sie. „Oh Gott, wie könnt Ihr solche Themen machen, das ist doch nichts für Kinder!“ Solche Aussagen aus anderen Museen hat die 51-Jährige schon einige Male gehört. Mit ihrem gerade einmal dreiköpfigen Team beweist sie jedoch immer wieder, dass es möglich ist. So waren im Alice-Museum bereits Ausstellungen zu den Themen Tod, DDR, Geld, Globalisierung, Freiheit, Freundschaft und Familie zu sehen. Aktuell läuft „Susi und Wir. Vom Hingucken und Wegschauen“, entstanden nach Motiven des Kinderbuchs „Susi, die Enkelin von Haus Nummer 4“ von Birgitta Behr. Darin wird anhand der wahren Geschichte des jüdischen Mädchens Susi Collm, das sich von 1942 bis 1945 vor den Nationalsozialisten verstecken musste, die dringliche Frage nach Engagement und Zivilcourage in unserer Gesellschaft gestellt.

Claudia Lorenz leitet das Alice-Museum, das sie selbst aufgebaut hat.
Claudia Lorenz leitet das Alice-Museum, das sie selbst aufgebaut hat. © Philipp Hartmann

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Alice-Museum: Vor allem Schulklassen sind regelmäßige Besucher

Vor allem Schulklassen kommen regelmäßig. Lehrern wird Begleitmaterial angeboten, um das Thema Judenverfolgung im Nationalsozialismus im Unterricht behandeln zu können. Für Studenten ist die Schau ebenfalls interessant. An Wochenenden kommen auch Familien. „Mein Anspruch ist, dass wir ein Museum für gesellschaftlich brisante Gegenwartsthemen und für alle Generationen sind“, sagt Claudia Lorenz, die das 2002 eröffnete Alice-Museum aufgebaut hat und es bis heute leitet. Sie studierte Pädagogik und Soziologie und ist Mutter einer 14-jährigen Tochter. Ausstellungen kindgerecht zu entwickeln, sei eine Herausforderung, doch genau das findet sie spannend. „Was mir Spaß macht ist: Wie findet man den Schlüssel dafür, Räume zu schaffen, dass die Besucher darin eintauchen können, überrascht werden und neue Perspektiven kennenlernen?“ Offenbar gelingt es sehr gut, Antworten auf diese Frage zu finden. Vor Kurzem erst erhielt das Museum eine Nominierung für den „Children in Museums Award“, ein international renommierter Preis, mit dem das beste kindgerechte Museumsprojekt gewürdigt wird.

Anderthalb, manchmal sogar zwei Jahre dauert die Vorbereitung einer Ausstellung. Claudia Lorenz und ihre Kollegen tauschen sich über Ideen aus und entwickeln ein Konzept. Sie müssen viel recherchieren und lesen und überlegen sich, welche Themen Kinder interessieren. Eine Ausstellung, so erzählt die Leiterin, müsse den Kindern ermöglichen zu forschen, mitzumachen und eigene Spuren zu hinterlassen. Was bringen die Kinder mit? Was sollen sie mitnehmen? Fragen wie diese stellt sie sich lange im Voraus. Zudem tauscht sie sich mit anderen Museen aus. Auch müssen Fördermittel beantragt werden. Später geht es dann darum, die Ausstellung abwechslungsreich zu gestalten. Kinder, die nicht gern lesen, sollen nicht mit Text überfrachtet werden, andere jedoch zugleich Gelegenheit haben, tiefer einzutauchen. Es gehe darum, ein Thema mit allen Mitteln der Kunst aufzubereiten und eine gute Mischung zu finden: mit Licht, Videos und Hörstationen, mit Schauspiel und Szenografie. „Wir holen uns dafür externe Experten aus Theater, Film und Gamedesign, arbeiten mit Agenturen, Autoren und Filmemachern zusammen“, berichtet Claudia Lorenz. Am Ende steht eine Ausstellung, in der es immer auch jede Menge spielerische Formate gibt. „Wir brauchen Medien in der Ausstellung, es soll aber kein medialer Fuhrpark sein.“

In diesem Raum können die Kinder auch arbeiten und in einer Leseecke Ruhe finden.
In diesem Raum können die Kinder auch arbeiten und in einer Leseecke Ruhe finden. © Philipp Hartmann

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Alice-Museum bastelt schon am nächsten Projekt

„Susi und Wir. Vom Hingucken und Wegschauen“ läuft bis ins kommende Jahr hinein. Im Hintergrund wird bereits am nächsten Projekt gearbeitet. 2025 soll eine Ausstellung eröffnet werden, die die Themen Berlin und Klima verbindet. Dafür werden berlinweit Workshops organisiert, in denen Kinder und Jugendliche sich damit auseinandersetzen sollen, was sie sich für die Zukunft der Stadt wünschen, unter anderem für die Grünflächen und den Verkehr. Entstehen soll ein großes Stadtlabor, dessen Ergebnisse im Alice-Museum präsentiert werden. „Ich denke, dass wir schon viele Generationen bereichert und ihnen etwas mitgegeben haben“, sagt Claudia Lorenz. Das dürfte beim nächsten Projekt nicht anders sein.

An dieser Hörstation geht es zum Gehirnwäsche-Check.
An dieser Hörstation geht es zum Gehirnwäsche-Check. © Philipp Hartmann

Geöffnet ist das Alice-Museum für Kinder, Straße zum FEZ 2, für Familien an Wochenenden und Feiertagen 12 bis 18 Uhr. Dienstag und Donnerstag von 9.30 bis 11.30 Uhr sowie 12.30 bis 14.30 Uhr steht es für Schüler der Klassen 5 bis 10 offen. Einzelbesucher können in dieser Zeit nur nach Absprache unter kindermuseum@fez-berlin.de kommen. Der Eintritt ist im FEZ-Tagesticket für vier Euro enthalten.