Berlin. Ab dem 1. April ist Kiffen in der Öffentlichkeit erlaubt. Aber was ist an den Tischen vor Kneipen und in den Biergärten erlaubt?

„Meine Frau und ich betreiben unsere Raucherkneipe seit 20 Jahren, aber das Kiffen werde ich im Laden untersagen. Mein überwiegend älteres Publikum hätte auch kein Verständnis dafür“, sagte Kemal Gürses. Der Besitzer des B3, eine seit Jahrzehnten bekannte Kiezkneipe am Richard-Wagner-Platz in Charlottenburg, wird kiffenden Gästen freundlich seine Außensitzplätze anbieten. .„Wenn sich jemand seinen Joint am Tresen oder an seinem Tisch baut, ist das ok, aber zum Rauchen würde ich ihn bitten nach Draußen zu gehen. Dann kann er dort an den Tischen sitzen.“ Und da müsse er sich mit den Gästen, die dort bereits sitzen, einigen, ergänzt seine Frau Monika. „Ich vergleiche, das mit dem Zigarre-Rauchen“, erklärt die Gastwirtin. „Der Geruch vom Rauch eines Joints kann einige Gäste stören, wie auch der Rauch einer Zigarre nicht überall willkommen ist. Dann ist es doch nur eine Frage der Höflichkeit und der Absprache unter den Gästen im Freien, ob das in Ordnung ist, oder nicht. Das kann man doch prima regeln.“

Ab dem 1. April, also am kommenden Montag, ist der Cannabiskonsum gesetzlich freigegeben. Berliner Kneipenwirte und Biergartenbesitzer werden die eine oder andere Diskussion führen müssen. Auf der einen Seite möchte der Gastwirt keine Gäste vergraulen, muss aber vor dem Hintergrund seiner wirtschaftlichen Interessen auch kompromissbereit sein.

Nach der weitgehenden gesetzlichen Freigabe von Cannabiskonsum ab dem 1. April können die Berliner Kneipen selber regeln, ob sie Kiffen tolerieren. Marihuana-Rauchen sei dann mit dem Rauchen von Zigaretten vergleichbar, sagte ein Sprecher der Dehoga. An sich sei das gesetzlich in den meisten Kneipen in Berlin verboten und nur in wenigen Raucherkneipen erlaubt. Allerdings würde in bestimmten Kneipen das Rauchen derzeit schon hingenommen und sei auch im Sommer draußen vor Kneipen, Spätis, Restaurants und in Biergärten üblich.

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Kiffen nur im Außenbereich

Dazu sagte der Hauptgeschäftsführer des Dehoga, Thomas Lengfelder der Berliner Morgenpost: „Ich habe in den vergangenen Tagen mit mehreren Gastwirtinnen und Gastwirten von Raucherkneipen in Charlottenburg-Wilmersdorf telefoniert. „Sie alle haben mir gesagt, dass sie das Kiffen in ihren Lokalen nicht genehmigen werden, aber in ihren Außenbereichen tolerieren“ Dort sei es dann eine Absprache unter den anwesenden Gästen.

Ob sich Cannabis also auf den Bänken und Stühlen vor den Kreuzberger Spätis, den Friedrichshainer Restaurants, den Neuköllner Imbissen oder in den Biergärten in Mitte und Charlottenburg verbreiten wird, liegt an den jeweiligen Gästen und Wirten. Denn sie haben das Hausrecht. Der Dehoga-Sprecher zitierte eine Wirtin aus dem Westen der Stadt, die sagte: „Nein, das erlaube ich natürlich nicht, ich will doch mein Bier verkaufen.“ In den bekannten Partykiezen könnte das aber ganz anders aussehen.

Tresenkräfte machen sich Sorgen ums Passivrauchen

Werden die Berliner Kneipen, Restaurants und Clubs für ihre Bereiche drinnen und draußen spezielle Hinweise entwickeln, Schilder aufhängen oder Aufkleber bestellen, und wie sich die Rauschwirkung in einer überfüllten Bar mit vier Kiffern auf die Umgebung auswirkt, sind Fragen, die noch völlig offen sind. Die Angestellte einer Wilmersdorfer Kneipe stellte sich auch die Frage, ob sie und ihre Kolleginnen es sich zumuten wollen, dass sie möglicherweise acht Stunden am Tag dem Rauch von Rauschgift ausgesetzt sind. Das werde man nach der Entscheidung der Chefin mit ihr besprechen müssen. „Stellen Sie sich vor, ich werde acht Stunden am Tresen umnebelt, steige nach Feierabend ins Auto und dann werde ich kontrolliert“, sagte sie. „Es weiß doch keiner, ob und wie der Passivrauch wirkt.“

Der Geschäftsführer einer Charlottenburger Traditionskneipe, die nach einem Besitzerwechsel in den kommenden Tagen neu eröffnen wird, benannte ein anderes Problem. „Wir eröffnen hier eine Nichtraucherkneipe im Charlottenburger Kiez, da stellt sich diese Frage nicht“, sagte er. „Wenn einige Gäste einen Joint rauchen wollen, dann sollen sie das auf der Außenterrasse bei den anderen Rauchern machen. Aber in Sichtweite befinden sich eine Schule und eine Kita und das ist dann die Aufgabe der Polizei festzustellen, ob sie in einem vom Gesetzgeber verbotenen Abstand den Joint kreisen lassen.“ Zudem stelle sich die Frage, wie die Bewohner, die über einer Kneipe wohnen, auf den Geruch von gerauchten Joints reagieren.

Kiffen in Clubs: Betreiber können entscheiden

Das gesetzliche Rauchverbot gilt auch in Clubs, trotzdem halten sich viele Betreiber nicht daran und tolerieren Raucher mit Zigaretten. Ob das auch für Joints gilt, muss sich laut Dehoga dann zeigen. Clubs könnten Zigaretten hinnehmen, Cannabis aber verbieten oder die Konsumenten in den Freiluftbereich schicken.

Viele Biergartenbesitzer waren am Dienstag nicht erreichbar oder wollten sich trotz schriftlicher Anfrage zu diesem Thema nicht äußern. Die Traditionsgaststätte „Luise“ hat die Anfrage beantwortet: „Ehrlich gesagt, haben wir uns noch überhaupt nicht mit dieser Problematik befasst. Wir stecken aktuell in den Vorbereitungsarbeiten für die Biergartensaison“, sagte der Betriebsleiter der Dahlemer Gaststätte. „Da wir aber in unserem Außenbereich einen Spielplatz für Kinder haben, hat sich dieses Thema für uns erübrigt.“ Dieses Argument führte auch der Zollpackhof an der Spree in Mitte an. „Anfangs hatte uns das Thema schon beschäftigt, wie wir damit umgehen, aber wir haben einen Kinderspielplatz. Im Umkreis von 100 Metern ist das Kiffen dort verboten“, hieß es auf Anfrage. (mit dpa)