Berlin/Potsdam. Auf Berlins Straßen starben im vergangenen Jahr 50 Menschen, in Brandenburg war die Zahl so hoch wie noch nie.

Durch Corona-Lockdown, Homeoffice und Kontaktbeschränkungen hat der Straßenverkehr im vergangenen Jahr deutlich abgenommen. Laut der am Montag vorgestellten Verkehrsbilanzen der Länder kam es auf den Straßen von Berlin und Brandenburg zu weniger Verkehrsunfällen und Verletzen als im Vorjahr. In beiden Ländern gab es aber einen Anstieg von Verkehrstoten. In Brandenburg sogar auf den bundesweiten traurigen Höchstwert von 140 Toten.

Die Polizei registrierte in Berlin für das Jahr 2020 rund 126.000 Verkehrsunfälle. Das sind 14 Prozent weniger als noch im Jahr davor. Dabei sank auch die Zahl der Schwerverletzten von 2304 auf 2054 Personen. 13.237 Verkehrsteilnehmer wurden leicht verletzt, das waren 2192 weniger als im Jahr davor. Die häufigsten Unfallursachen waren Fehler beim Abbiegen, Nichtbeachten der Vorfahrt, zu schnelles Fahren und Fahren unter Alkohol. Trotz weniger Verkehr und Unfällen stieg die Zahl der Verkehrstoten an. Der Wert schwankt von Jahr zu Jahr zwischen 36 und 56 Verunglückten und ist 2020 mit 50 Toten vergleichsweise hoch. 19 Tote waren Fußgänger, 17 Fahrradfahrer, neun Motorrad- oder Rollerfahrer, drei Autoinsassen und zwei Insassen von Lastwagen. Im bundesweiten Vergleich gab es in Berlin aber relativ wenig Verkehrstote. Viele tödliche Unfälle passieren auf Landstraßen, wo schneller gefahren wird als in der Stadt.

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Größtes Problem in beiden Ländern sind die Raser

Ein wachsendes Problem auf Berlins Straßen ist die Raserei. Durch weniger Verkehr kam es zwar zu weniger Geschwindigkeitskontrollen und so auch zu wenig Ahndungen. Aber es gab trotzdem doppelt so viele Anzeigen wegen verbotener Autorennen wie im Vorjahr. 750 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet. Dabei lieferten sich die Raser 251 Mal ein Rennen durch die Stadt, und in 254 Fällen ging es um Flucht vor der Polizei. Die meisten Rennen gab es auf der Stadtautobahn, der Landsberger Allee im Osten und der Müllerstraße in Norden. Es habe aber deutlich mehr Kontrollen zu illegalen Autorennen gegeben als in den Jahren davor, sagt die Polizei.

Die Raserei ist auch in Brandenburg ein Problem. Ein Großteil der 140 Verkehrstoten ist an den Folgen eines Unfalls, ausgelöst durch zu hohe Geschwindigkeit, gestorben. Waren es 2019 noch rund 38 Prozent der Verunglückten, die durch einen Raser-Unfall starben, sind es im Jahr 2020 schon etwa 46 Prozent. Also fast jeder Zweite. „Rücksichtslosigkeit und aggressives Fahren auf Brandenburgs Straßen haben auch im letzten Jahr wieder zu Verkehrsunfällen mit schwersten Folgen geführt.“, sagt Polizeipräsident Oliver Stepien. Eine erneute Diskussion über Tempolimits sei hier aber irreführend, weil die Unfälle zu einem Großteil auf Straßen mit Tempolimits passierten. „Gerast wird sowieso“.

Eine positive Entwicklung im Land: Die Zahl der Verkehrsunfälle ist um 14,6 Prozent gesunken und liegt 2020 bei rund 71.700 Unfällen. Das ist der niedrigste Wert seit 1992. Auch die Zahl der Verletzten ging von etwa 11.854 auf 10.131 Menschen zurück. Häufigste Unfallursachen waren das Nichteinhalten des Sicherheitsabstands und zu schnelles Fahren. Gefolgt vom Nichtbeachten der Vorfahrt, Alkohol am Steuer und Drogen. Die Zahl der Unfälle mit Kindern ist auf 718 und so um 4,6 Prozent gesunken. Von insgesamt 885 verunglückten Kleinen starben zwei an den Folgen des Unfalls. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle durch junge Erwachsene hat um fast acht Prozent abgenommen: Von etwa 6497 auf 5991 Verkehrsunfälle. Dabei starben 20 junge Erwachsene. 2019 waren es mit elf Verkehrstoten deutlich weniger. Die Zahl der Unfälle mit Seniorinnen und Senioren ist von 18.826 auf 16.115 gesunken. Dabei wurden knapp 71 Prozent der Unfälle von betagten Menschen selbst verursacht. 52 der Senioren starben bei den Verkehrsunfällen, acht mehr als 2019.

Die einzigen Verkehrsteilnehmer, die in mehr Unfälle verwickelt waren als im Jahr davor, sind Fahrradfahrer. Hier kam es zu einem leichten Anstieg des Unfallvorkommens um 1,7 Prozent. Über die Hälfte der Unfälle wurden laut Jahresbilanz vom Radfahrer selbst verursacht. Da das Fahrrad als Verkehrsmittel immer beliebter wird, kommt es hier häufiger zu Unfällen. Für mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger soll ab Sommer 2021 ein Landesförderprogramm für Abbiegeassistenten von Lkw und Bussen sorgen.

Um das Problem der Baumunfälle in den Griff zu bekommen, hat das Land 2020 rund 800.000 Euro in 24 Kilometer neue Schutzplanken investiert. Das zeigt Wirkung: Tödliche Baumunfälle sind auf den zweitniedrigsten Wert seit 1995 zurückgegangen. „Auf diesen Zahlen kann man sich nicht ausruhen. Wir müssen stetig Verbesserungen finden“, sagt Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU). Deswegen sollen im Jahr 2021 für mehr als drei Millionen Euro rund 85 Kilometer neue Schutzplanken gebaut werden.